: Eine besondere Artvon Geldadel
Pinkepinke Zu Besuch bei alten Herren auf der angeblich weltgrößten Münzmesse im Estrel
Horst-Dieter Glass, Tresorhändler
Kann Geld kitschig sein? Als normaler Bargeldbenutzer würde man sich diese Frage nie stellen. Am Stand der sächsischen Firma MCI auf der laut Veranstalter weltgrößten Münzmesse im Estrel Hotel gibt es indes eine klare Antwort. Auf dem Tisch liegen vergoldete Euro-Scheine: Fünfer, Zehner, Hunderter, auch der Fünfhunderter, den die Europäische Zentralbank (EZB) am liebsten abschaffen will, weil damit angeblich eh fast nur Schwarzgeldbesitzer zahlen. Die güldenen Fake-Scheine kosten echte 9,90 Euro pro Stück. „Sie werden gern gekauft, so als Gag“, sagt der junge Firmenvertreter.
Zu den beliebtesten Euroscheinen der Fake-Kollektion gehören die älteren Fünfer und Zehner, die von der EZB vor einigen Jahren durch neue Scheine ersetzt wurden. Insofern könnten goldene Verkaufszeiten auf die Sachsen zukommen, denn die Abschaffung des Bargelds ist kein reines Witzthema mehr: In der westdeutschen Kleinstadt Kleve werden seit einigen Tagen, nach dem Vorbild anderer europäischer Länder, in vielen Geschäften keine Ein- und Zwei-Cent-Münzen mehr angenommen.
Doch die mehreren hundert Aussteller und Besucher der World Money Fair am Samstag treibt das Thema kaum um. Es herrscht Messegewusel. Das papier- und hartgeldinteressierte Publikum – vorwiegend ältere Herren – schlendert kompetenten Blickes die Reihen entlang, fingert hier, fachsimpelt da und kauft am Ende auch mal. Manchmal wird ein wenig gefeilscht, ehe Echtgeld den Besitzer wechselt. Wie immer ohne Quittung, wie ein junger Mann aus Strausberg sagt, der einige Neuanschaffungen aus dem abgeschlossenen Sammelgebiet DDR macht: frühe Scheine aus der Ostzone.
Werttechnisch ist das jetzt nicht der Hammer. Andererseits kann man in der Szene froh sein, dass sich überhaupt noch junge Menschen für die Geldsammelei interessieren. „Junge Menschen sind bei uns, genau wie in der Briefmarkenszene, ein Auslaufmodell. Die meisten interessieren sich nur für Handys und so ein Zeug“, grummelt Sebastian Sänn lakonisch.
Der Händler aus Bayern handelt nur mit mittelalterlichen Münzen, die schon ein klein wenig teurer sind. Über die richtig teuren, die römischen und griechischen, würden heutzutage vor allem die Banken in der Schweiz und Amerika verfügen. „Der kleine Sammler kann da nicht mitbieten, der hat deshalb selten hochwertige Münzen.“ Wenn nun auch die Euro-Cents bald nicht mehr geprägt würden, sei das für die Sammler von Euromünzen natürlich schade. Andererseits: Sammeln könne man ja weiterhin.
Wer nicht zu den kleinen Schluckern in der Sammlerszene zählt, sondern über ein Vermögen aus wertvollen Münzen oder Notenbanken verfügt, besucht vielleicht die Ecke, in der Horst-Dieter Glass auf Kundschaft für seine Tresore wartet. Der 75-jährige Hamburger hat schon viele Schwarzgeldbekämpfungsideen kommen und gehen sehen. Geblieben sei letztlich immer das Geld – bei denen, die es haben.
„Ich kenne viele, die zu Hause größere Beträge horten, manchmal wegen der Eurokrise, manchmal, weil es Schwarzgeld ist. Kunden sagen schon mal: ‚Ich brauche einen zweiten Tresor zum Geldverstecken.‘“ Dann zeigt er einen kleinen Tresor mit Steckdosentarnleiste für den Einbau in die Wand. „Da passen in Scheinen 800.000 Euro rein.“ In seinem Berufsleben habe er nicht wenige Schwarzgeldverstecker als Kunden kennengelernt. Darunter Prominente, die jeder kenne. „Gerade in Berlin und Potsdam wohnen ja auch einige.“ Gunnar Leue
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