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„Eine Frage der Fairness“

taz salon Über Islam-Angst diskutieren Cansu Özdemir und taz-Autor Daniel Bax

Cansu Özdemir

27, Vorsitzende der Bürgerschafts-Linken, studiert Politikwissenschaft und Kulturanthropologie, ihre Mutter ist Alevitin, ihr Vater Sunnit.

taz: Frau Özdemir, sprechen wir zu viel über den Islam?

Cansu Özdemir: Das Problem ist, dass versucht wird, sehr viele Konflikte, die es gibt, mit dem Islam zu erklären: Der Islam ist an dem schuld, der Islam ist an jenem schuld. Wir müssen wegkommen davon, jedes soziale oder gesellschaftliche Problem mit dieser Religion zu erklären. Das machen wir mit dem Christentum auch nicht. Das war mir auch fremd, auch weil ich eher multireligiös aufgewachsen bin, und diese Art der Islamkritik hat in den letzten Jahren ganz sicher dazu geführt, dass es ein Feindbild gibt. Das beschreibt Daniel Bax ja ganz richtig.

Dessen Buch „Angst ums Abendland“ ist Anlass für die Diskussion heute. Die Frage ist, ob auf diese Spielart des Rassismus eine stärkere Säkularisierung nicht die beste linke Antwort wäre?

Wenn die Säkularisierung für alle gleichermaßen gelten würde, möglicherweise.

Aber?

Für einen gerechten Säkularisierungsprozess müsste man auch über die Sonderrolle der Kirchen sprechen und sich die Frage stellen, ob der Bundespräsident damit aufhören muss, Deutschland als christliches Land zu konstruieren. Was laizistische Konzepte angeht bin ich skeptisch: Gerade in der Türkei haben wir ja das beste Beispiel fürs Scheitern des Laizismus. Dort waren ja sehr lange die religiöse Symbole wie das Kopftuch verboten. Das jetzige Erstarken des religiösen Extremismus dort sehe ich als Reaktion auf diese repressive Haltung. Ähnlich in Frankreich.

Eine Art Trotzreaktion?

Eher liegt das daran, dass Verbote die Probleme nicht lösen, sondern sogar verhindern, dass sie als soziale Probleme wahrgenommen werden. Man muss ja nur an die Vollverschleierung denken: Die ist hoch problematisch. Aber wenn man sie, wie in Frankreich, verbietet, wen soll das treffen? Und wozu führt das?

Die bleiben zu Hause.

Ja. Dann sitzen die in ihren vier Wänden. Von gesellschaftlicher Integration wird man da dann auch nicht sprechen können.

Dann wäre also die Anerkennung per Staatsvertrag der richtige Ansatz?

Da gibt es auch bei uns in der Linken hier in Hamburg unterschiedliche Positionen: Wir haben letztlich den Staatsverträgen zugestimmt, auch weil wir schon Staatsverträge mit christlichen Kirchen und der jüdischen Gemeinde hatten. Von daher ist das eine Frage der Fairness, der Gleichbehandlung.

Der Staat geht dabei aber immer mit im Kern autoritären Modellen zusammen, die oft auch Reservate für Grundrechtsverletzungen bieten, wie, im Katholizismus, die explizite Ungleichheit von Mann und Frau beim Zugang zum geistlichen Beruf: Was macht man mit diesen Konfliktfällen?

Im Endeffekt kann man sie nicht dulden. Diejenigen, die Religionen ausüben, dürfen Grundrechte dadurch nicht verletzen.

interview: bes

taz Salon „Wer hat Angst ums Abendland?“: 19.30 Uhr, Kulturhaus 73, Schulterblatt 73

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