: "Mangelndes Wissen"
Vortrag Die Ärztin Sonja Reitz setzt auf die Behandlung von Ursachen statt Symptomen
56, ist Buchautorin und setzt sich seit Jahrzehnten für Verbesserungen der medizinischen Versorgung ein.
taz: Frau Reitz, was bedeutet Nachhaltigkeit in der Medizin?
Sonja Reitz: Nachhaltigkeit bedeutet, dass Krankheiten ausheilen können und nicht dauerhaft behandelt werden müssen. Das heißt, dass sie an den wahren Ursachen bekämpft werden müssen und dass die körpereigene Gesundheit gestärkt werden sollte. Es ist wichtig, Krankheitsursachen zu suchen und auch die Forschung darauf auszurichten. Nur so kann wirksam vorgebeugt werden. Auch bereits nachgewiesene Krankheitsursachen gesellschaftlicher Art, wie Isolation, Armut, Trinkwasser- oder andere Umweltvergiftungen müssen bekämpft werden.
Was kann die Ganzheitsmedizin dazu beitragen?
Anders als in der Schulmedizin wird in der ganzheitlichen Medizin nach individuellen Ursachen gesucht und es werden nicht Symptome oberflächlich behandelt. Wenn die eigentliche Ursache behandelt wird, verschwinden häufig mehrere Symptome dauerhaft bei insgesamt weniger Nebenwirkungen. Das macht Ganzheitsmedizin nachhaltiger und oft auch kostengünstiger.
Sind Fachärzte durch ihre Spezialisierung ein Problem?
Nein, das kann man so nicht sagen. Spezialisten werden immer gebraucht werden. Das Hauptproblem liegt in der unzureichenden Ausbildung, in der Studenten das Ursachendenken geradezu abgewöhnt wird und sie zu Verordnern „erzogen“ werden. Ein weiteres Problem sind methodische Mängel in der Forschung.
Wie sind Sie dazu gekommen, sich mit der Ganzheitsmedizin zu befassen?
Das ist eine Frage der Logik. Ich denke sehr naturwissenschaftlich und in der Physik gilt, dass alles eine Ursache hat. Darüber habe ich schon als Kind nachgedacht. In der Schulmedizin habe ich dazu leider keine Antworten gefunden. Das hat mich dann in die Ganzheitsmedizin geführt, die sich intensiver mit den Ursachen auseinandersetzt und mehr Wissen zu Regulationsvorgängen und Gesetzen im Menschen hat.
Wie sehen das Ihre Kollegen?
Für viele Kolleginnen und Kollegen ist das weiterhin eine medizinische „Tabuzone“, so ähnlich wie früher die Naturwissenschaft für die Kirche. Und das, obwohl genügend Studien die guten Ergebnisse der homöopathischen Behandlungen oder auch anderer Naturheilverfahren belegen.
Interview: Milena Pieper
Vortragsveranstaltung mit Diskussion: 20.30 Uhr, Rudolf-Steiner-Haus, Mittelweg 11–12
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