Auf der Suche nach dem Profil

KULTUR In der Debatte um die zeitgenössische Kunst fühlen sich die acht großen Institutionen der Stadt von der Behörde „instrumentalisiert“

Für Kunst nach 1960 ist die Kunsthalle „der prädestinierte Ort“, so die Behörde

Mit harscher Kritik an der Kulturbehörde haben sich die acht großen Institutionen für zeitgenössische Kunst in Bremen zu Wort gemeldet. Sie fühlen sich in der Diskussion um die Zukunft der Weserburg – eine „unsägliche Debatte“, wie Arie Hartog, Direktor des Gerhard-Marcks-Hauses gestern sagte – von der Behörde „instrumentalisiert“.

Und zwar gegen das Museum für moderne Kunst auf dem Teerhof und dem dort auch angesiedelten Zentrum für Künstlerpublikationen. Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz (SPD) wollte in der Kulturdeputation gestern lieber nur von „Irritationen“ und „Missverständnissen“ sprechen.

Hintergrund ist ein Positionspapier aus dem vergangenen Sommer, das die Gesellschaft für aktuelle Kunst (GAK), das Gerhard-Marcks-Haus, das Künstlerhaus, die Weserburg, das Zentrum für Künstlerpublikationen, die Städtische Galerie, die Kunsthalle und die Museen in der Böttcherstraße verfasst haben. Es referiert, in politikfreundlich kurzen Abschnitten, das Profil der einzelnen Häuser.

Nun hat das Kulturressort dazu „eine Kommentierung“ verfasst – die stark auf die Weserburg fokussiert und für Verärgerung in der Szene sorgt. So heißt es in dem Papier, die Weserburg solle sich auf „die Präsentation junger Kunst zu brennenden Fragen der Gegenwart konzentrieren“, etwa Armut, Genforschung oder Migration. Dabei findet die „junge Kunst“ auch in der GAK, der Städtischen Galerie oder dem Künstlerhaus statt.

Und: „Es liegt in der Natur zeitgenössischer Kunst, dass sie sich grundsätzlich zu ‚brennenden Fragen der Gegenwart‘ äußert“, so GAK-Chefin Janneke de Vries. Das täten alle Akteure der zeitgenössischen Kunst. Alles andere widerspreche dem, „was zeitgenössische Kunst ist und tut“, so de Vries, auch im Namen der anderen Häuser.

Für Kritik sorgt auch das Ansinnen der Kulturbehörde, dass sich die Kunst nach 1960 „stärker“ in der Kunsthalle wiederfinden soll, die für 2017/18 eine Neupräsentation ihrer ständigen Sammlung plant. Die Kunsthalle sei fortan „der prädestinierte Ort“ für die Kunst aus jener Zeit, so die Behörde. Dabei sagt die Kunsthalle selbst, dass sie in ihren Beständen nach 1960 „große Lücken“ hat – die sie angesichts des Kunstmarktes auch nicht schließen kann. Und gerade jene Kunst ist vielfach Teil der Privatsammlungen, die die Weserburg ausstellt.

„Wir wollen niemanden ärgern“, so Emigholz in der Deputation. Zugleich kündigte sie ein „Arbeitsgespräch“ und ein „Leitlinienpapier“ zur zeitgenössischen Kunst an. Jan Zier