Jens Uthoff macht sich Gedanken über die Vereinskultur beim Geburtstagskind Union Berlin
: Unterm Asphalt liegt der Strand

Union Berlin: Herz statt Kommerz Foto: dpa

Im Zuschauerraum der Volksbühne steht oder sitzt man in dieser Spielzeit auf hartem Asphalt. Wo die Sitzreihen waren, ist seit Anfang November – ein verfrühtes Castorf-Abschiedsgeschenk – der gesamte Raum geteert. Wenn Union Berlin nun an dieser Stätte die große Party zum 50. Vereinsgeburtstag feiert, müssen sich Fans und Gratulanten gar nicht doll umstellen: Auf der Stehtribüne an der Alten Försterei ist es ähnlich unkomfortabel.

Am 20. Januar hat Union, das 1966 als einziger ziviler Berliner DDR-Verein gegründet wurde, offiziell runden Geburtstag gefeiert. Heute Abend folgt also die dazugehörige Sause. Partygäste sind unter anderem Jürgen Kuttner, der einen Videoschnipselvortrag beisteuert, und DJ Westbam.

Die Feier und das Drumherum zeigen recht gut, wo Union heute steht. In der FAS gaben Union-Präsident Dirk Zingler und Westbam vorab ein gemeinsames Interview – im Feuilleton, wohlgemerkt. „Wer erfolgreichen Fußball will, geht zu den Bayern. Wer einen Verein mit Haltung will, geht zum 1. FC Union Berlin“, sagte Zingler da. Der Klubchef umkreist da genüsslich, welches Image Union vor sich herträgt. Dass der Verein trotz hehrer Ansprüche seit geraumer Zeit im Zweitliga-Mittelmaß festhängt? Geschenkt! Man wird schließlich für andere Dinge gefeiert: Herz statt Kommerz, Vereinskultur statt Unternehmergeist, Asphalt statt Loge.

Man kann, man sollte diese Stilisierung zur letzten Bastion wahrer Fußballkultur hinterfragen. Aber man darf dem Geburtstagskind auch einfach mal dazu gratulieren, dass hinter diesen Schlagwörtern nach wie vor gelebte Vereinskultur steht. Bei Union finden einige Dinge statt, die im Profifußball alles andere als selbstverständlich sind: Flüchtlinge im eigentlich geplanten Fanhaus unterzubringen. Unermüdlich den Dialog mit den Fans zu suchen. Stets in Bewegung zu bleiben. Schlicht und einfach nicht alles zu schlucken, was der Ligaverband DFL von den Klubs so verlangt. Im Alltag der Fans verankert zu sein. Von alldem mögen sich andere Vereine ein Scheibchen abschneiden.