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Die KritikNarzisst auf der Flucht

Vorher (links) und nachher: Donald Pugh Foto: reuters

WAS SAGT UNS DAS? Ein gesuchter Krimineller schickt der US-Polizei ein schöneres Fahndungsfoto

Donald Pugh wurde Trunkenheit am Steuer, Vandalismus und Brandstiftung vorgeworfen. Zum Gerichtstermin erschien er nicht. Deshalb veröffentlichte die US-Polizei Fahndungsfotos des 45-Jährigen. Doch die waren nicht nach seinem Geschmack, also schickte der flüchtige Kriminelle den Beamten ein „schöneres“ Bild von sich. „Hier ist ein besseres, das andere war schreck­lich‘‘, kommentierte Pugh bei Face­book das Selfie, das ihn mit Sonnenbrille und im Anzug zeigt.

Doch anstatt sich dem zu stellen, zog Pugh es vor, sich Gedanken über seine Selbstdarstellung zu machen. Wegen des unvorteilhaften Fahndungsfotos sah er seinen sozialen Status in Gefahr – nicht aber wegen des Gesetzesverstoßes. Nur wenige der Facebook-Kommentatoren setzen sich mit der Absurdität des Posts auseinander. Die meisten fanden es einfach nur witzig.

Schon erschreckend, denn die Selbstinszenierung in sozialen Netzwerken scheint keine Grenzen mehr zu kennen. Wir leben in einer Gesellschaft, in der es Pflicht geworden ist, im Netz einen guten Eindruck zu machen. Insofern kann man den Flüchtigen also auch verstehen.

Denn Fahndungsfotos sind nicht irgendein Urlaubsschnappschuss, sondern Bilder, die sich für immer ins Gedächtnis einprägen. Und wer will da schon dick und traurig aussehen? Seine Sucht der medialen Selbstinszenierung wurde Pugh letztendlich zum Verhängnis – inzwischen wurde er in Florida erkannt und festgenommen.

Viviane Schilling

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