: Einknicken vor dem-ida-Bürger
Kommentar
von Anna Klöpper
Nach Köln: Polizei meldet mehr Sexualdelikte
Nach den sexuellen Übergriffen auf Frauen in der Kölner Silvesternacht durch ausländisch aussehende Täter haben die Medien ein Problem. Der Pressekodex besagt, dass die Nationalität von Tätern nur eine Rolle spielen darf, wenn sie für die Berichterstattung relevant ist. Das ist keine einfache Position, sondern eine überlegtes, auch ein geschichtsbewusstes Prinzip – das voraussetzt, dass die BürgerInnen ein Grundvertrauen in eine der ureigensten Kompetenzen der Presse haben: Sie ordnet Geschehnisse auf Basis der Faktenlage ein, die es dazu braucht. Auf dass sich ein jeder danach selbst ein Bild mache.
Dieses Vertrauen wird weniger. Die Medien werden nicht mehr als Kontrollinstanz wahrgenommen. Ihre Berichterstattung wird als etwas verstanden, das nicht nur der -ida-Bürger meint, kontrollieren zu müssen. Die Nationalität des Täters wird nun insofern relevant, als dass sich Medien erklären müssen, warum sie ihn nicht nennen. Bisher war es andersherum.
Die Berliner Polizei hat nun am Montag bekannt gegeben, dass sie nach den Vorfällen in Köln künftig mehr Sexualdelikte an die Pressestelle weitergeben will. Ob darüber öffentlich berichtet werden darf, soll dann zwar noch immer eine Einzelfallentscheidung sein und auch die Nationalität der TäterInnen erfahren JournalistInnen nach wie vor nur auf Nachfrage. Ganz unabhängig von der Frage, ob sich nun, wie in Köln geschehen, mehr Frauen dazu ermutigt sehen werden, Übergriffe zu melden – die Botschaft ist ein Einknicken vor dem „Lügenpresse“-Vorwurf. „Die Medien“ sollten sich davon nicht lenken lassen.
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