Bauboom: Ausgewachsene Pläne

Berlin wird größer: Bausenator Geisel will deshalb den Wohnungsbau vorantreiben und verspricht „neue Gründerzeit“

Fassade einer Wohnung des Studentendorfs Adlershof

Wohnen wie Studenten? NeuberlinerInnen müssen sich darauf einlassen, auch wenn das Studium schon vorbei ist. Foto: dpa

Eine rasant wachsende Stadt, große Defizite bei Wohnungsbau und Infrastruktur sowie eine träge agierende Verwaltung – da kann man schon mal kalte Füße kriegen. Wollte der Stadtentwicklungssenator das den Berliner MedienarbeiterInnen symbolisch ins neue Jahr mitgeben? Jedenfalls schafften es mehrere Heizstrahler kaum, die Rohbau-Wohnung auf erträgliche Temperaturen zu bringen, in die Andreas Geisel (SPD) am Montag zu seiner Jahrespressekonferenz geladen hatte.

Der ungewöhnliche Raum war eine künftige 2-Zimmer-Wohnung der landeseigenen Degewo im Weddinger Brunnenviertel. 104 Wohneinheiten entstehen hier, ein Drittel davon als Sozialwohnungen mit Kaltmieten zwischen 6,50 und 7,50 Euro/qm.

Ein überschaubarer Beitrag zur Bewältigung des Wohnungsmangels, immerhin lautet die aktuelle Prognose, dass Berlin bis Ende der 20er Jahre auf 4 Millionen Einwohner anwächst. Aber wie der Senator mehrfach betonte, lautet sein Ziel: rund 20.000 neue Wohnungen im Jahr, je 6.000 durch die städtischen Gesellschaften und 14.000 durch private Investoren. „Wir müssen mehr Berlin wagen“, so Geisel in Abwandlung eines alten Sozi-Slogans.

Einen „9-Punkte-Plan“ will er in diesem Jahr und darüber hinaus abarbeiten – wenn denn die Wahl zum Abgeordnetenhaus keine böse Überraschung bringt. Ganz oben auf der Liste steht die Erschließung von insgesamt 10 neuen Siedlungsgebieten, auf denen insgesamt 50.000 BerlinerInnen leben sollen. Fünf Areale sind bereits bekannt – wie die Pankower „Elisabeth-Aue“ oder das Kurt-Schumacher-Quartier auf dem Tegeler Exflughafen in spe – fünf weitere würden in Kürze benannt, versprach der Senator.

Modulbauweisen und „B-Plan-Fabrik“

Dabei sollen die sogenannten modularen Wohnbauten für Flüchtlinge als „Nukleus“ der neuen Viertel fungieren: „Was als Flüchtlingsunterkunft begonnen hat, wird zur Keimzelle für eine langfristige Entwicklung mit normalem Wohnungsbau, sodass am Ende gewachsene Nachbarschaften und lebenswerte Wohnviertel entstehen“, sagte Geisel. Insgesamt wird an 60 Standorten „modular“ gebaut, das hatte der Senator schon vor einigen Wochen angekündigt.

Möglich macht’s §246 BauGB, nach dem temporäre Unterkünfte ungeachtet von Bebauungsplänen errichtet werden können. Allerdings entsteht so maximal Wohnraum für 24.000 NeuberlinerInnen – was sicher nicht ausreicht. Weil die besten Pläne nicht zum Ziel führen, wenn niemand ihre Umsetzung vorantreibt, will der Senator eine Planungs-Task-Force schaffen: „B-Plan-Fabrik“ nennt er sie etwas hochtrabend, weil dort offenbar Bebauungspläne am Fließband produziert werden.

Auch regelmäßige „Wohnungsbau-Entscheider-Konferenzen“ sollen die „neue Gründerzeit“ (O-Ton Geisel) befördern. Eine Waffe im Wohnungskampf wird ab Mai erst richtig scharf: Dann endet die Übergangsfrist der „Zweckentfremdungsverbotsverordnung“, die die Vermietung von Ferienwohnungen genehmigungspflichtig macht.

6.300 wurden bis dato gemeldet, berichtete der Senator, es sei aber von einer ähnlich hohen Dunkelziffer auszugehen. Der Senat werde deshalb die Bezirke durch Personal und eine Onlineplattform beim Aufspüren illegaler Angebote unterstützen und Internetportale verpflichten, die Wohnungseigentümer zu nennen. „Auf die Antwort von Airbnb bin ich gespannt“, so Geisel kämpferisch.

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