portrait: Waldlobbyist contra Natur
Kann jemand, der sagt, dass er „den Wald liebt“, der sich „ein Leben ohne Bäume nicht vorstellen kann“ – kann so jemand ein echt böses Feindbild für Umweltfreunde sein? Er kann. Wenn er Philipp zu Guttenberg heißt, Präsident der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände ist und sich als oberster Lobbyist gegen den Naturschutz geriert. Das findet jedenfalls der Umweltverband Nabu, der zu Guttenberg den Preis „Dinosaurier des Jahres 2015“ verliehen hat.
Philipp, 42, ist der jüngere Sohn von Enoch zu Guttenberg, der den Umweltverband BUND in den 1970ern gründete und 2012 verließ, weil ihm die Befürworter der Windenergie zu viel Unruhe in die Landschaft brachten. Er galt als der „Bodenständige“ in der Familie, studierte in Schottland Forstwirtschaft und Ökologie, bevor er sich zunächst in der Steiermark niederließ.
Mediale Aufmerksamkeit erlangte er erstmals 2008, als er den Grundbesitz in eine österreichische Stiftung einbrachte, was den Verdacht weckte, er wolle Steuern sparen. 2010 dann, inzwischen samt Frau und drei Kindern an den Chiemsee übergesiedelt, übernahm er das Ehrenamt des Waldpräsidenten.
1,3 Millionen Menschen arbeiten in der Forst- und Holzwirtschaft, die jährlich 170 Milliarden Euro umsetzt. Und das ist auch zu Guttenbergs Sicht auf den Wald: eine wirtschaftlich nutzbare Ressource. Er ärgere sich, wird berichtet, dass er nicht regelmäßig an den Kanzlerintisch gebeten wird wie sein Kollege vom Automobilverband.
Denn dann könnte er noch besser dagegen ankämpfen, dass bis 2020 fünf Prozent der Wälder der forstwirtschaftlichen Nutzung entzogen sein sollen. Dann könnte er besser dafür sorgen, dass die Naturschutzrichtlinien der EU abgeschwächt werden, die Grundlage für Zehntausende Schutzgebiete sind, in denen Vögel, Fledermäuse und andere Tiere Vorrang vor dem Einschlag haben.
Ob zu Guttenberg den Preis annimmt, war am Dienstag nicht zu erfahren. 2011, als sein Bruder Theodor, der wegen der Plagiatsaffäre als Verteidigungsminister zurücktrat, den „Orden wider den tierischen Ernst“ bekam, nahm Philipp ihn „als Plagiat“ entgegen. Lustig sei es gewesen. Wie er wohl dieses Mal den Dreh kriegt? Beate Willms
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