: Verschwunden im Kölner Dreieck
HALBJAHRESABSCHLUSS Der 1. FC Köln ist groß darin, die Großen zu ärgern: Mönchengladbach, Schalkeoder Leverkusen. Jetzt muss Borussia Dortmund dran glauben und sich als Bayern-Jäger verabschieden
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Aus Köln Andreas Morbach
Als er seinen Befund zur Qualität des Kölner Rasens abgab, dröhnte Peter Stöger noch die Empörung des Dortmunder Trainerkollegen in den Ohren. Thomas Tuchel hatte von einem „extrem schwierigen Platz“ gesprochen, darüber hinaus gar beklagt: „Mir ist bei jedem Rückpass das Herz stehen geblieben.“ Stöger, gebürtiger Wiener, mag es gerne weniger dramatisch, obwohl oder gerade weil er mit der Schauspielerin Ulrike Kriegler liiert ist. Und seine spröde Art zelebrierte der 49-Jährige, kaum dass Tuchel den Raum verlassen hatte.
„Ich habe schon bessere, aber auch schon schlechtere Plätze gesehen“, erwähnte der Chefcoach des FC, blickte in die Runde und ergänzte ohne eine Miene zu verziehen: „Nicht nur in Österreich.“ Und wo er gerade dabei war, drehte der Mann mit den inzwischen zweieinhalb Jahren Köln-Erfahrung die Uhren weiter bis zum Rückrundenstart am 23. Januar, dessen mediale Begleiterscheinungen er in schräger Ironie bereits erahnte: „Nach dem Sieg über Dortmund ist klar, dass wir auch das erste Spiel im neuen Jahr gegen Stuttgart wieder gewinnen werden.“
Der Euphoriepegel in der Domstadt schlägt eben sehr rasch und sehr zuverlässig nach oben aus, das krachende Vorrundenfinale gegen den BVB passte da perfekt in Bild. Durch späte Treffer von Simon Zoller und Anthony Modeste triumphierte der Geißbockklub über den letzten, nun frisch verabschiedeten Bayern-Verfolger 2:1 – weswegen Jonas Hofmann danach an die Besprechung vorm Spiel denken musste: „Wir haben gesagt, dass Köln gegen uns eigentlich nur Chancen kreieren kann, wenn wir es zulassen“, legte Borussias Mittelfeldakteur die Theorie zum Offensivpotenzial des FC dar, die seiner Ansicht nach in der Realität bestätigt worden war, auch wenn ihm das wie eines der großen Geheimnisse dieser Erde erschien. „Es waren Tore, wie Köln sie schon öfter gemacht hat: Zwei Bälle vors Tor, zwei Bälle drin“, mäkelte Hofmann, übersah dabei aber, dass Stögers Team seine Angriffsmängel gegen den BVB mit wachsender Begeisterung ablegte. Auch dank des Gegners.
Denn nach starkem Beginn und Sokratis’ frühem Führungstor ließ Dortmund plötzlich die Zügel schleifen. „Schon nach dem 1:0 haben wir begonnen, viel quer, viel zurück, viel auf Ballbesitz zu spielen und es versäumt, die Vorentscheidung zu suchen“, ortete Tuchel das fehlende Killergen seiner Elf. Dabei hatte Köln in der 82. Minute das Glück, dass Gästekeeper Roman Bürki der Ball bei einem Abschlag auf dem holprigen Geläuf versprang, Zoller so den Ausgleich ermöglichte. „Das war ein emotionaler Schub für ein ohnehin schon emotionales Spiel“, sah Tuchel das böse Ende für seine Schwarz-Gelben da bereits kommen.
Nach dem 2:1 bebte die Arena, und Sportdirektor Jörg Schmadtke erklärte später: „Nach dem 1:1 haben wir kurz überlegt, ob wir die Mannschaft bremsen sollen. Aber dann dachten wir: Nee, heute nicht. Heute ist hopp oder top.“ Beim Gegner galt das mit ganz wenigen Ausnahmen den gesamten Herbst über. Deshalb war die Laune von Mats Hummels auch nur teilweise eingetrübt. „Das war noch immer eine sehr gute Hinrunde. Aber das Ergebnis heute schmälert dieses Gefühl auf jeden Fall“, sagte Borussias Kapitän, als er mit schwarzer Wollmütze auf dem Kopf in die Weihnachtsferien marschierte.
Gesunken waren die Dortmunder im Kölner Bermudadreieck – dort, wo in der abgelaufenen Vorrunde von Gladbach über Schalke bis Leverkusen auch alle anderen Top-Klubs aus dem Westen bereits verschwunden waren. Eine beachtliche Siegesserie des FC, der parallel dazu Abstiegskandidaten wie Frankfurt, Hannover oder Augsburg unterlag. „So eine Leistung wie diesmal bekommt eine Mannschaft, die erst im zweiten Jahr wieder Bundesliga spielt, eben nicht jede Woche hin“, sagte Stöger, „sonst wären wir im Bereich von Borussia Dortmund.“
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