: „Zelte sind keine Lösung“
Ankunft Für die Flüchtlinge am Hauptbahnhof gibt es jetzt eine Tagesstätte im Bieberhaus
39, ist der Pressesprecher des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes in Hamburg.
Herr Böhme, heute öffnet eine Tagesstätte für Flüchtlinge im Bieberhaus. Warum kommt der Umzug erst jetzt?
Böhme: Dass Zelte im Winter keine Lösung sind, war uns schon länger bewusst. Sie werden kaum noch trocken und trotz Heizung nicht mehr warm. Wir haben mehrere Wochen nach einer Immobilie nahe des Hauptbahnhofs gesucht, die groß genug ist.
Woher kommt das Geld für die Tagesstätte?
Der Eigentümer, die Alstria Office REIT AG, lässt uns die Räume kostenlos nutzen. Zusätzlich stellt die Stadt 200.000 Euro zur Verfügung. Der Wohlfahrtsverband bringt eigene Mittel ein und wir sind auf Spenden angewiesen, etwa aus der NDR-Benefizaktion „Hand in Hand für Norddeutschland“.
Wie werden Flüchtlinge am Hauptbahnhof in Zukunft empfangen?
Anreisende werden weiterhin am Info-Tisch beraten und an die Tagesstätte vermittelt, in der sie bis 22 Uhr bleiben und dann, wenn nötig, an Übernachtungsstätten in der Nähe vermittelt werden. Unklar ist, ob der Info-Tisch unter der Treppe in der Wandelhalle bleibt, denn dort ist es windig und kalt. Ideal wäre ein beheizbarer Container, der permanent auf dem Bahnhofsgelände steht. Wir arbeiten noch an einer Lösung mit der selbstorganisierten Helfergruppe.
Drei hauptamtliche Mitarbeiter sollen den Betrieb in der Tagesstätte am Laufen halten. Ist das genug Personal?
Wir arbeiten mit hundert ehrenamtlichen Helfern zusammen, auf deren Unterstützung wir auch in Zukunft bauen. Ob das reicht, wird sich zeigen. Uns war wichtig, erfahrene Koordinatoren vor Ort zu haben, die jeden Tag für sichere Abläufe sorgen. Die hauptamtlichen Mitarbeiter kommen daher selbst aus dem Kreis der Ehrenamtlichen.
Vor wenigen Wochen startete eine Helferin einen Hilfsappell via Youtube. Sie klagte über völlige Überlastung.
Der Aufruf hat dazu geführt, dass sich viele weitere Helfer am Hauptbahnhof gemeldet haben. Darüber hinaus hat sich die Lage in den letzten Tagen etwas entspannt. Inzwischen kommen zumindest nicht mehr bis zu 1.500 Menschen pro Tag an.
Werden sich die Arbeitsbedingungen für die Helfer mit der Eröffnung der Tagesstätte verbessern?
Von den beheizten Räumen im Bieberhaus werden auch die Helfer profitieren. Der Umgang mit zum Teil schwer traumatisierten Menschen ist sehr belastend. Die Kälte und Nässe setzen den Helfern zusätzlich zu. Nun haben sie zwei Büroräume, dort die Möglichkeit, sich aufzuwärmen, ihre Wertsachen wegzuschließen oder sich einfach mal ein paar Minuten zurückzuziehen. Annika lasarzik
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