Ausgliederung statt Integration

MEDIEN Zwei weitere Regional-Ausgaben des „Weser-Kuriers“ werden an einen Personaldienstleister outgesourct. Der Deutsche Journalisten-Verband spricht von „Tarifflucht“ – der Chefredakteur nicht

„Mit diesem Schritt ist für keinen Beschäftigten ein niedrigeres Gehalt verbunden“

Moritz Döbler, „Weser-Kurier“

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) kritisiert die „fortschreitende Tarifflucht“ bei der Bremer Tageszeitungen AG (BTAG). Sie gibt den Weser-Kurier heraus – und beschäftige dafür zunehmend mehr RedakteurInnen „weit unter den geltenden Tarifen“, wie der DJV moniert. Die Zeitung widerspricht allerdings.

Nach den Angaben des Verbandes werden vom kommenden Frühjahr an auch das Kreisblatt aus Osterholz-Scharmbeck und die Wümme-Zeitung in Lilienthal von einem konzerneigenen Personaldienstleister erstellt, der Pressedienst Nord GmbH (PDN). Die beiden Ausgaben „werden weiterhin von der BTAG produziert“, sagt Chefredakteur Moritz Döbler. Die Redakteure dort seien aber künftig unter dem Dach der PDN beschäftigt.

Diese Leiharbeitsfirma erstellt mittlerweile auch die übrigen Regionalausgaben des Weser-Kuriers im niedersächsischen Umland. So wurde 2006 der Delmenhorster Kurier outgesourct, 2007 die Regionale Rundschau in Brinkum und der Syker Kurier. 2013 übernahm der PDN schließlich die Redaktionen der Verdener Nachrichten und des Achimer Kuriers. Nicht an den PDN vergeben wurde dagegen die Regionalausgabe des Weser-Kuriers in Bremen-Nord, die Norddeutsche.

Die vorgesehene Maßnahme lasse die Wertschätzung journalistischer Arbeit vermissen, klagt der DJV. Er fordert Vorstand und Chefredaktion der BTAG auf, die Ausgliederung nur in Absprache mit den Betroffenen und dem Betriebsrat vorzunehmen. Gleichzeitig warnt der DJV alle RedakteurInnen, „voreilig Aufhebungs- oder Änderungsverträge zu unterschreiben“. Jeder solle sich vor einer Entscheidung von Betriebsrat oder Gewerkschaft gründlich beraten lassen. Beim Osterholzer Kreisblatt und der Wümme-Zeitung betroffen sind laut DJV bis zu 15 RedakteurInnen. Für den Verband ist es „unverständlich und unverantwortlich“, dass RedakteurInnen mit langjährigen Erfahrungen in der kommunalen Berichterstattung weiterhin „einfach abgeschoben“ werden.

„Die Vorwürfe des DJV treffen nicht zu“, sagt Döbler: „Die interne Reorganisation hat weder etwas mit Tarifflucht zu tun noch drückt sie mangelnde Wertschätzung für journalistische Arbeit aus.“ Zudem sei mit diesem Schritt „für keinen Beschäftigten ein niedrigeres Gehalt verbunden“ und es würden auch keine Arbeitsplätze abgebaut, so Döbler.

Im vergangenen Jahr wurde über eine Rückführung der outgesourcten Regionalredaktionen unter das Dach der BTAG verhandelt. Es gehe darum, dass „wir das wieder aus einer Hand steuern können“, sagte BTAG-Vorstandsmitglied Jan Leßmann damals der Frankfurter Allgemeinen. Dadurch solle auch „eine Corporate Identity wiederhergestellt werden“. Die Vereinbarung zur Wiedereingliederung der Außenredaktionen sei aber am Widerstand des Aufsichtsrates gescheitert, sagt der DJV. Aufsichtsrat und Vorstand hätten sich gegen eine Wiedereingliederung der Regionalredaktionen entschieden, sagt Moritz Döbler. Jan Zier