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Auf den Laubfrosch gekommen

Rassismus Für seinen Vortrag über die Fortpflanzung von „Afrikanern“ und „Europäern“ hat sich Thüringens AfD-Chef Björn Höcke vom Bundesvorstand eine Rüge eingefangen

von Daniel Bax

BERLIN taz | Seine Rede auf dem Rittergut Schnellroda könnte für Thüringens AfD-Chef Björn Höcke ein Nachspiel haben. Aus Parteikreisen heißt es, Höcke solle zur nächsten Sitzung des Bundesvorstands vorgeladen werden. Die Forderung der Jungen Alternative in Bayern nach einem Parteiausschluss hat diese aber erst einmal zurückgenommen.

Höcke hatte am „Institut für Staatspolitik“, einem Treffpunkt der Neuen Rechten, Ende November von „unterschiedlichen Fortpflanzungstrategien“ in Afrika und Europa gesprochen. Er verglich darin die „r-Strategie“, die auf eine hohe Zahl von Nachkommen setze, von denen aber nur wenige überleben, mit der „K-Strategie“, die auf wenige Nachkommen, aber hohe Überlebenschancen setze. Biologen unterschieden damit früher die Fortpflanzung verschiedener Arten, etwa von Laubfröschen und Säugetieren.

Moderne Rassisten haben diese Theorie auf unterschiedliche Menschengruppen übertragen. Verteidiger Höckes betonten, dass dieser „die Rassentheorie des Nationalsozialismus ablehne“. Der Leiter der Klinik für Psychiatrie an der Berliner Charité, Andreas Heinz, verwies gegenüber der taz dagegen darauf, dass sich Höcke auf den 2012 verstorbenen kanadischen Rassisten J. P. Rushton beruft, der vielfach kritisiert und widerlegt worden sei.

Vergleiche man Rushton mit der „Rassen- und Völkerkunde“ der NS-Zeit, so Heinz, sei dessen Arbeit „keinesfalls menschenfreundlicher, aber deutlich primitiver“. Rushtons „Schmuddelfantasien über Penisgrößen“ und „mangelnde Kulturleistung der Negroiden“ stammten unter anderem aus dem Penthouse. „Es steht jedem Politiker frei, sich zu blamieren“, sagte Heinz. „Man sage aber nicht, es sei nicht bekannt, wes rassistischen Geistes Kind die Überzeugungen sind.“

Höckes Aussagen, so AfD-Chef Meuthen, seien eine „politische Torheit“

Auch der AfD-Bundesvorsitzende Jörg Meuthen ging mit Höcke scharf ins Gericht. „Ich empfehle Björn Höcke dringend, in sich zu gehen und sich in seinen öffentlichen Auftritten künftig deutlich zu mäßigen.“ Seine Äußerungen seien „indiskutabel“ und „eine inhaltliche wie politische Torheit“. Höckes Theorien seien „sachlich unsinnig, entbehren wissenschaftlicher Substanz und laden zu Fehldeutungen als rassistische Aussagen geradezu ein“. Außerdem, so Meuthen, sei es „falsch und unangemessen, dem französischen Front National (FN) zu seinem Wahlerfolg am vergangenen Sonntag zu gratulieren“, wie es Höcke getan hatte.

Höcke selbst sprach von „Fehldeutungen“, die er bedauere. „Ich vertrete das christliche Menschenbild und die Würde jedes Menschen ist für mich unantastbar“, schrieb er auf Face­book. „Es ging mir darum, deutlich zu machen, dass sich Europa meiner Meinung nach vor einer Einwanderung, die es selbst überfordern würde, durch geschlossene Grenzen schützen muss.“ Ansonsten sei er dafür, in allen Fragen eine „offene Debatte“ zu führen.

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