Streit zwischen Russland und Türkei: Ölgeschäfte mit IS-Miliz?

Putin erhebt Vorwürfe gegen die Türkei: Erdogan habe den Kampfjet abgeschossen, um Öllieferungen des IS zu schützen. Der türkische Präsident dementiert.

Der russische Präsident Putin und der türkische Präsident Erdogan sitzen bei dem G20-Gipfel Mitte November weit auseinander.

Bei dem G20-Gipfel war der russisch-türkische Disput noch nicht eskaliert. Foto: dpa

PARIS AP | Im türkisch-russischen Streit über den Abschuss eines russischen Kampfflugzeugs legt Kremlchef Wladimir Putin mit neuen Vorwürfen gegen Ankara nach. Russland lägen Informationen vor, wonach Öl aus von der Terrormiliz Islamischer Staat kontrollierten Lagern im großen Stil in die Türkei fließe, erklärte Putin in Paris.

Es gebe für Moskau jeden Grund zur Annahme, dass der Beschluss zum Abschuss des russischen Kampfjets vom türkischen Wunsch getrieben gewesen sei, diese Lieferungen zu schützen. Putin sprach von einem massiven, illegalen und industriellem Import von IS-produziertem Öl in türkisches Territorium.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan dementierte die Vorwürfe Moskaus umgehend. Die Türkei beziehe Öl und Gas lediglich aus legalen Quellen wie beispielsweise Russland, sagte Erdogan am Montagabend nach Angaben der Nachrichtenagentur Anadolu am Rand der internationalen Klimakonferenz in Paris. Erdogan forderte Putin auf, Beweise für seine Behauptung vorzulegen.

Türkische Kampfjets hatten die russische Maschine am vergangenen Dienstag abgeschossen, weil Ankara seinen Luftraum verletzt sah. Moskau erklärte hingegen, der Jet sei nur über syrischem Gebiet geflogen, und der Abschuss sei eine vorsätzliche Provokation gewesen. Einer der russischen Piloten starb.

In Washington bestätigte indes Außenamtssprecherin Elizabeth Trudeau, dass der russische Jet den türkischen Luftraum verletzt habe. Dies hätten Beweise aus der Türkei und „unsere eigenen Quellen“ belegt, sagte Trudeau.

Keine Entschuldigung, aber bereit für Gespräche

Erdogan drückte sein Bedauern über den Vorfall aus, lehnt aber eine formale Entschuldigung ab. Am Montag bekräftigte Regierungschef Ahmet Davutoglu diese Haltung: „Kein türkischer Ministerpräsident oder Präsident wird um Entschuldigung bitten...weil wir unsere Pflicht getan haben“, sagte Davutoglu in Brüssel nach einem Treffen mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg.

Sein Land sei aber bereit für Gespräche mit Russland, wenn das Land Vorfälle wie den Abschuss in Zukunft vermeiden wolle. Die Türkei hoffe, dass Moskau angekündigte Wirtschaftssanktionen gegen türkische Interessen überdenken werde. Der türkische Ort Antalya sei für viele russische Urlauber „wie ein zweites Zuhause“, sagte Davutoglu.

Allerdings sieht Russland ein Mea Culpa der Türkei als Voraussetzung für eine Wiederannäherung an. Am Montag verhängte Russland im Rahmen neuer Sanktionen Beschränkungen auf die Einfuhr von türkischem Obst und Gemüse.

Bilateraler Disput gefährdet globalen Schulterschluss

Putin erklärte, es „tue ihm leid“, den Kollaps der langkultivierten Beziehungen zur Türkei erleben zu müssen. Doch hätten die Probleme im bilateralen Verhältnis schon vor langer Zeit begonnen, als die Türkei die Überstellung russischer Terrorverdächtiger verweigert habe.

Im Übrigen schmälerten Dispute wie jener um den abgeschossenen Jet die Kooperation im Kampf gegen Extremisten und Bemühungen um eine Lösung in Syrien, sagte Putin. „Unsere Piloten schreiben auf ihre Bomben: ‚Für uns!‘ und ‚Für Paris!‘. Und die türkische Luftwaffe schießt unseren Bomber ab. Über was für eine Art von breiter Koalition reden wir dann?“, fragte Putin.

Gleichwohl werde Russland seine Bemühungen um eine Bildung einer umfassenden Koalition gegen den Extremismus fortsetzen. Ein globaler Schulterschluss gegen den IS sei unmöglich, solange „einige sich Terrororganisationen bedienen, um kurzweilige politische Ziele zu verfolgen und dabei die UN-Sicherheitsresolutionen missachten, die den Verkauf illegal produzierten Öls verbieten“, erklärte Putin.

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