Öko-Dschihadismus: St. Martin in Paris
Gefühlte Temperatur
von Martin Kaul
Sie kennen sicher noch meinen Sohn. Das ist der mit den schönen Haaren (3). Ich erzähl ihm also so, dass ich am Wochenende weg bin. Er fragt, ob ich nach Budapest fahre. Ich sag, nein, ich fahr nach Paris. Er sagt, okay, du fährst in den Krieg. St. Martin sei auch einst tapfer in den Krieg gezogen, um für sein Land zu kämpfen, und wenn ich jetzt nach Paris fahre, dann soll ich auch für mein Land kämpfen. Das sagt mir mein Sohn und ich schwör, der ist Pazifist.
Aber ich (Martin, tapfer) hänge nun in Paris rum und versuche, für mein Land zu kämpfen. Dauernd muss ich meine Jacke aufhalten, damit andere mich auf Sprengstoff abtasten. Wie soll ich so für mein Land kämpfen? Ich kämpf doch wortreich für Grundrechte, Meinungsfreiheit – Intellektuellenkrempel. Das kann man als Journalist ja immer machen, da riskiert man nichts. Ich finde aber, wer kämpft, muss was riskieren.
Schwer in Mode ist ja der Öko-Dschihadismus. Das ist eine neue Form von Terror. Da stellen sich Leute in eine Reihe auf den Bürgersteig und machen eine Menschenkette. Hochgradig verboten. Es ist ja schon verboten, wenn man zu dritt öffentlich über Politik redet. Das ist dann eine Versammlung. Notstandstechnisch untersagt.
Das Perfide am Öko-Dschihadismus ist: Da muss man selbst gar nicht radikaler werden, da reicht es, wenn die Gesetze radikaler werden. Die ganzen Militanten, die vorher große Sprüche geklopft haben, scheißen sich jetzt natürlich in die Hose, wenn sie nicht sowieso schon unter Hausarrest stehen. Wenn die kommen, dann nimmt die Polizei sie einfach mit. Aber die Öko-Dschihadisten, das sind viel zu viele. So eine Menschenkette kriegst du nicht kaputt. Ich glaube, das ist mein Kampf. Für Deutschland, mein Sohn.
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