: Forscher: Sozialsysteme teuer, aber ungerecht
Eine Studie zur „Gerechtigkeitsbilanz“ zeigt, dass Deutschland im europäischen Vergleich immer mehr zurückfällt
BERLIN taz ■ Deutschland gibt zwar sehr viel Geld für seine Sozialsysteme aus – trotzdem ist es mit der Gerechtigkeit hierzulande nicht gut bestellt. Im europäischen Vergleich schneidet Deutschland bei einer „Gerechtigkeitsbilanz“ sogar zunehmend schlechter ab. Zu diesem Schluss kommt eine kleine Metastudie des Vereins „berlinpolis“ (www.berlinpolis.de) in Berlin, der Daten zu Armut, Bildung, Jobmarkt und Familie in 26 europäischen Ländern verglich. Deutschland belegt in dieser Gerechtigkeits-Rangliste heute den 13. Platz, 2000 war es noch Platz 11.
Ganz vorn liegen Norwegen, Schweden und Dänemark. Großbritannien überholte Deutschland und erreichte Platz 10.
Zwar können wir bei der Armutsbekämpfung noch relativ gute Quoten aufweisen, hohe Langzeitarbeitslosigkeit und schlechter Bildungsstand versauen jedoch die deutsche Gesamtbilanz. Auch die niedrige Geburtenrate – als Indikator für den Erfolg der Familienpolitik genommen – drückt Deutschland in der Rangfolge nach unten. „Deutschland liegt gemessen an den Ausgaben für Soziales in der Spitzengruppe, gemessen an den Wirkungen jedoch im unteren Drittel der OECD“, heißt es in der Studie.
Für die Bilanz werteten die Sozialforscher Daten von Eurostat und der OECD (Organisation for Economic Cooperation and Development) aus. Das skandinavische Sozialmodell, in dem die Sozialversicherungen hauptsächlich steuerfinanziert sind, schloss am erfolgreichsten ab.
Großbritannien erklomm 2000 nur Rang 13 und stieg dann auf. Heute profitieren die Briten vor allem von ihren guten Zahlen auf dem Arbeitsmarkt. Bei der Armutsgefährdung, dem Bildungsstand und den Schulabbrecherquoten schließt Großbritannien hingegen schlechter ab als Deutschland.
Ein Trost bleibt den Deutschen: In Griechenland, Spanien und Italien geht es noch um einiges ungerechter zu. Und auch Frankreich erreichte nur den elften Platz. BARBARA DRIBBUSCH