Schönes Wetter heute

pop Mit Ought erhält Postpunk neues Leben

So muss es sich anfühlen, in einer Schleife gefangen zu sein. Mantraartig betet Sänger Tim Darcy vor sich hin: „I feel alright/ I feel alright/ I feel alright …“ Sprechend, shoutend, singend. Kaum hat man die eine Schleife verlassen, gerät man in die nächste: „Beautiful weather today / beautiful weather today /…“ Die Gitarre, zuvor low und indierockig vor sich hinklimpernd, wird für diesen kurzen Augenblick lang energetischer, bleibt dann in höheren Tonlagen hängen.

Die Wiederholungen klingen ein wenig wie ein komplett irres, stetig gemurmeltes „Alles wird gut“. Doch dann gibt es diese tollen musikalischen Momente der Befreiung, spürbar in den Zeilen: „I’m no longer afraid to dance tonight / Cause that is all that I have left“, spricht Darcy irgendwann vor sich hin. Und dieses gesungene „Yes!“ danach – man möchte es auf der Stelle mitgrölen.

„Beautiful Blue Sky“ heißt dieser knapp acht Minuten andauernde Song des neuen Albums der kanadischen Band Ought. Der Track sagt viel darüber aus, warum die aus den Staaten und Australien stammenden Musiker gerade als eine der angesagtesten jungen Rockbands gelten. Die vierköpfige Band um Sänger und Gitarrist Tim Darcy veröffentlichte mit „Sun Coming Down“ ein Album, das in der Tradition des Postpunk, No Wave und Rock steht – und das nostalgisch und gegenwärtig zugleich klingt.

Der zuweilen in ostentativer Monotonie verharrende Sound, die plätschernden Gitarren, der dahingenäselte Weltekel: All das kennt man doch bereits bestens aus dem Postpunk, ebenso die im Hintergrund wabernden Feedbacks. Zudem spielt man in klassischer Rockbesetzung (Gitarre, Bass, Drums, Key­board­be­gleitung) einen eigentlich spröden, simplen Indie-Sound ohne Schnickschnack. Warum klingen Ought dennoch irgendwie heutig? Es liegt wohl an dem (Lebens-)Gefühl, das diese acht Tracks transportiert. Er könne die Songs niemals mit einer Akustikgitarre spielen, sagte Darcy einmal, „weil man diese Gefühle nur wiedererleben kann, wenn man sie mit vier Paar Händen spielt“. Diese Intensität spürt auch der ­Hörer, vor allem in den Steigerungen der Gitarrenläufe und im Spannungsverhältnis Bass, Gitarre, Schlagzeug. Jens Uthoff

„Ought – Sun Coming Down“ (Constellation Records/Cargo)

20. 11. in Hamburg, Taste­maker Festival; 21. 11. in Offenbach, Hafen 2