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Hoffen auf das Happy End

Kultur Der Regisseur Michael Verhoeven will sein Kino Toni & Tonino am Antonplatz verkaufen. Ist das das Ende des fast 100 Jahre alten Lichtspielhauses in Weißensee?

Hier ist sogar die Berlinale zu Gast: das Kino Toni am Antonplatz Foto: Schöning/ullstein

von Hannah Wagner

Nach mehr als 20 Jahren Filmvorführungen ist Schluss für Michael Verhoeven: Der Filmregisseur und Ehemann von Schauspielerin Senta Berger verkauft sein Kino Toni & Tonino am Antonplatz in Weißensee. Verhoeven, der mit Filmen wie „Die weiße Rose“ und „Das schreckliche Mädchen“ in den 80er und 90er Jahren bekannt wurde, will mit 77 Jahren etwas kürzertreten – auch wenn die Trennung vom Toni für ihn ein „schmerzhafter Schritt“ sei. Innerhalb der nächsten zwei Jahre soll ein Käufer gefunden werden.

Nur: Was wird dann aus den Kinosälen? Wird ein neuer Besitzer damit am Ende ganz andere Pläne haben, sie beispielsweise zu einem Bekleidungsgeschäft umfunktionieren? Die Sorge davor ist groß, denn das Toni ist nicht irgendein Lichtspielhaus, sondern zählt mit seiner fast 100-jährigen Geschichte zu den ältesten noch genutzten Filmvorführungsorten in Berlin. Außerdem ist es neben der Brotfabrik das letzte unabhängige Kino in Weißensee.

Verhoeven betonte auf Anfrage der taz, die Immobilie nur an jemanden verkaufen zu wollen, der darin auch weiter ein Kino betreiben wird. „Es ist gar keine Frage, dass das Toni als Kino erhalten bleiben soll. Das wird selbstverständlich auch so im Kaufvertrag stehen.“ Um einen geeigneten Käufer macht sich der Regisseur keine Sorgen: „Das Kino hat eine großartige Lage, und es gibt jede Menge Kinobetreiber, die zurzeit expandieren wollen.“

Christian Berg, Kinobeauftragter des Medienboards Berlin-Brandenburg, ist da pessimistischer. Zwar hält auch er den Antonplatz für einen guten Kinostandort. Allerdings befürchtet er, Verhoeven könne sich trotz aller jetzigen Beteuerungen am Ende doch gegen einen Kinobetreiber als Käufer entscheiden – wenn andere Interessenten mehr Geld bieten. Rechtlich wäre das möglich, denn für das Kino gibt es keinen Bestandsschutz: „Herr Verhoeven wird jede Menge Angebote bekommen. Da entscheidet am Ende oft nur das Geld.“

Damit Verhoeven sein Versprechen vom Erhalt des Kinos wirklich einhält, müsse er nun unter öffentliche Beobachtung gestellt werden, fordert Berg. Er appelliert an die Bevölkerung von Weißensee: Das Kino verfüge über eine große Stammkundschaft, die müsse nun aktiv werden – beispielsweise in Form einer Bürgerinitiative. „Das Toni ist kulturelle Grundversorgung für den Stadtteil. Wenn die Anwohner sich jetzt nicht um ihr Kino kümmern, ist es womöglich in zwei Jahren weg.“

„Es gibt jede Menge Kinobetreiber, die expandieren wollen“

Michael Verhoeven

Seit seiner Eröffnung im Jahr 1920 – damals noch unter dem Namen „Decla-Lichtspiele“ – hat das Kino bewegte Zeiten hinter sich: Nachdem es die Kriegsjahre relativ unbeschadet überstanden hatte, wurde sein Besitzer, das Filmunternehmen UFA, 1945 enteignet. Das Haus ging in den Besitz des sowjetischen Filmverleihs Sojusintorgkino über und wurde geschlossen. 1948 wurde es als „Toni“ wiedereröffnet. 1992 kaufte Michael Verhoeven das Kino und baute es um. Seitdem gibt es neben dem großen Kinosaal Toni den zweiten, etwas kleineren Saal: das Tonino.

Konkurrenz der Multiplexe

Auch unter Verhoeven lief nicht alles glatt: Zwischen 1997 und 2005 sanken die Besucherzahlen rapide, berichtet Verhoeven. Zwischenzeitlich konnte Verhoeven es nur mithilfe von privaten Subventionen über Wasser halten – vor allem das Aufkommen der großen Multiplexe kostete viele Besucher. Mittlerweile hat sich die Lage durch den Bevölkerungszuzug der letzten Jahre in dem Kiez aber wieder stabilisiert, so der Noch-Kino­besitzer.

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