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Riesenranch bleibt australisch

AGRAR Die Regierung verbietet den Verkauf der Anna Creek Station, der weltweit größten Rinderfarm

Knochentrocken: Stockmen auf Motorrädern hüten Rinder auf der Anna Creek-Farm Foto: Michael Martin/laif

AUS ALICE SPRINGS URS WÄLTERLIN

Australische Cowboys – oder Stockmen, wie sie hier heißen – können aufatmen: Ihre Rinder sollen in australischer Hand bleiben. Das hat der australische Schatzkanzler Scott Morrison entschieden. Zumindest gilt dies für die etwa 200.000 Rinder, die zur Firma S Kidman and Co. Ltd. gehören.

Ein möglicher Verkauf der Firma für rund 350 Millionen australische Dollar (234,4 Millionen Euro) an ausländische Investoren sei „nicht im Interesse der Nation“, so Morrison. Der australische Schatzkanzler hat in großen Immobilientransaktionen das letzte Sagen. Berichten zufolge kamen die meisten Angebote für das Portefeuille von chinesischen Interessenten. Shanghai Pengxin soll etwa 350 Millionen geboten haben, sah sich aber starker Konkurrenz anderer Bieter gegenüber, unter ihnen die in Hongkonger Investmentfirma Genius Link Asset Management.

Streitkräfte auf Farmgebiet

Kidman kontrolliert 101.411 Quadratkilometer Land in Australien. Das Unternehmen betreibt elf Rinderfarmen – sogenannte Stations – in Westaustralien, Queensland, dem Nordterritorium und Südaustralien. Anna Creek Station in Südaustralien ist die größte der Anlagen. Mit einer Fläche von 23.677 Quadratkilometern – etwas mehr als der Hälfte der Größe der Schweiz – gilt sie als größte Rinderfarm der Welt.

Anna Creek ist für Morrison vordergründig der Hauptgrund für sein Veto: Die Pacht dieser Station dehnt sich in das Woomera-Raketentestgelände aus. Bis heute wird dieses Gebiet von australischen Streitkräften für Versuche mit Lenkwaffen benutzt. Es sei „nicht ungewöhnlich für Regierungen, aus Gründen der nationalen Sicherheit den Zugang zu sensiblen Regionen des Landes zu untersagen“, so der Minister in einer Erklärung.

Der tiefere Grund dürfte allerdings in der politischen Kontroverse liegen, die ein Verkauf dieser Ikone der australischen Landwirtschaft an Ausländer mit sich bringen würde. In den letzten Jahren ist der Widerstand gegen einen „Ausverkauf der Heimat“ an ausländische Interessenten – allen voran chinesische – immer stärker geworden. Vor allem in den konservativen Regionen des Inlands finden sich kaum Befürworter der Übernahme von Rindersta­tionen durch chinesische Anleger.

Dies hat nicht zuletzt damit zu tun, dass in anderen Teilen des Landes asiatische Unternehmen in küstennahen Agrargebieten Kohletagebauminen betreiben oder bauen wollen. Sie zerstören so einige der besten landwirtschaftlichen Nutzflächen des Landes, Hunderte Einheimische werden umgesiedelt.

Die australische Fleischrindindustrie dürfte im laufenden Geschäftsjahr einen geschätzten Umsatz von 12,6 Milliarden australische Dollar machen und einen Gewinn von 2,7 Milliarden Dollar. Doch es ist kein einfaches Geschäft. Rinderstationen im australischen Outback sind nur dann rentabel, wenn sie großflächig betrieben werden können. Der Boden ist meistens mager und liefert nur wenig Futter. Es ist nicht ungewöhnlich, dass pro Quadratkilometer Land nur ein Rind gehalten werden kann.

Diese Situation verschärft sich in Zeiten der Dürre. So konnten in Anna Creek Station als Folge einer lange anhaltenden Trockenperiode in den letzten Jahren zeitweise nur wenige Tausend Tiere gehalten werden. Diese geringe Kapazität war mit ein Grund, weshalb sich das Unternehmen zum Verkauf entschieden hatte.

China investiert in Agrarsektor

Chinesische Investoren sind am Nahrungsmittelsektor weltweit stark interessiert. Australien regelt den Erwerb von Gewerbegrundstücken nur mittels relativ schwacher Gesetze und ist auch daher ein beliebtes Ziel für Käufer.

Einer der Bieter für Kidman, die chinesische Investmentfirma Genius Link Group, wolle eine Milliarde Dollar in den australischen Agrarsektor pumpen, so ihr Gründer Joel Chang gegenüber der Australian Financial Revue vor dem Entscheid Morrisons. Sein Ziel sei, eine kleine Version des Fleischgiganten Cargill zu gründen, meinte Chang, „und Australien ist eine fantastische Plattform dafür“.

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