piwik no script img

Arroganz ist völlig fehl am Platze

Kommentar

von Stefan Alberti

Brandenburg als Wohn-Alternative

Wenn man führende Berliner Politiker hört, könnte man manchmal meinen, hinter der Landesgrenze beginne wahlweise die Pampa oder Sibirien. Jedenfalls nichts, was als Alternative zum übervollen Berliner Wohnungsmarkt dienen könnte. Das aber ist so falsch wie kurzsichtig.

Natürlich ist jede Landesregierung erst mal selbst gefordert, für genug Wohnungen zu sorgen. Das ist ohnehin nötig angesichts des Wachstums – schon vor den großen Flüchtlingszahlen ist Berlin jährlich um über 40.000 Menschen gewachsen. Doch es sieht nicht danach aus, als ob Neu- und Ausbau auch nur annähernd damit Schritt halten könnte. In solch einer Lage muss man auch über den Tellerrand schauen und – nein, nicht zwangsumsiedeln, aber zumindest in Erwägung ziehen, Wohnen in Brandenburg als Alternative zu bewerben.

Glücklich in Luckenwalde

Jetzt kommt natürlich der Einwand: Wer in Berlin wohnt, macht das doch des Weltstädtischen wegen. Aha. Wo sind denn all die Kosmopoliten hinter den abends schon um zehn dunklen Vorortfensterscheiben? Und auch beim innerstädtischen Rest verbringt längst nicht jeder seine Freizeit in Berghain, Oper, BE, Galerien oder Szenekneipen. Ebendieser Gruppe dürfte etwa auch in Luckenwalde, im­merhin Rudi Dutschkes Geburtsort, nichts fehlen. Vor allem nicht im Portemonnaie, weil es sich nach den jetzt vorgestellten Zahlen der Wohnungswirtschaft dort – 36 Zug-Minuten vom Potsdamer Platz – schlicht günstiger wohnt.

Bei Mangel sind alle Möglichkeiten zu nutzen. Arroganz gegenüber der vermeintlichen Pampa kann sich ein Land nicht leisten, in dem die Wohnungsnot längst aktuell ist.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen