piwik no script img

Kampf gegen Wetthöllen

SPIELEN Suchtexperten begrüßen den Vorschlag der SPD, Wettbüros zu besteuern. Aber er geht ihnen nicht weit genug. Auch Grüne wollen mehr regulieren

„Es sind nicht die Besserverdienenden, die von Wettbüros angesprochen werden“

Tobias Hayer, Bremer Fachstelle Glücksspielsucht

Mit ihrem Vorschlag, Wettbüros durch ein eigenes Steuergesetz in Bremen zu regulieren, rennt die SPD bei Suchtexperten offene Türen ein. Denen aber geht das nicht weit genug. Auch der Grünen-Abgeordnete Mustafa Öztürk sieht noch weiteren Regelungsbedarf. Seine Fraktion wolle den SPD-Vorschlag nun beraten. „Vor allem für den Wildwuchs an ‚illegalen‘ Spielstätten bräuchte es eine schnelle Lösung“, so Öztürk zur taz.

Am Mittwoch hatte die SPD-Fraktion auf ihrer Klausur beschlossen, Ladenflächen von Anbietern von Sport- und Pferdewetten mit bis zu 200 Euro pro 20 Quadratmeter im Monat zu besteuern. „Wettbüros sprießen in den vergangenen Jahren wie Pilze aus dem Boden“, erklärte der SPD-Innenpolitiker Sükrü Senkal, „vor allem in benachteiligten Stadtteilen.“ Laut Gesetzentwurf gehe es „neben dem allgemeinen Finanzbedarf“ darum, den „ausufernden Markt“ zu regulieren: „Auch im Interesse eines effektiven Spielerschutzes.“

Tobias Hayer von der Bremer Fachstelle für Glücksspielsucht begrüßt das Vorhaben, fordert aber weitergehende Maßnahmen, etwa mehr Kontrollkäufer für den Jugendschutz. Besonders Live-Wetten hätten eine hohe Suchtgefahr.

Die Folgen seien „mannigfaltig“, Sportwetten könnten zum zentralen Lebensinhalt werden. „Das geht bis zum Kontroll-Verlust und zur Beschaffungskriminalität“, so Hayer. „Die Anbieter lassen sich dort nieder, wo sie ihr Zielpublikum erwarten: junge Männer, aus bildungsfernen Schichten oder mit Migrationshintergrund und Arbeitslose“, sagt Hayer. „Es sind nicht die Besserverdienenden, die von Wettbüros angesprochen werden.“

Betroffen von der Steuer wäre indes wohl auch die Bremer Galopprennbahn, wo auch an anderen als den wenigen Bremer Renntagen Wetten auf Pferderennen abgegeben werden können. Beim Rennverein will man zunächst abwarten und im Zweifel das Gespräch mit dem Gesetzgeber suchen.

Sehr unglücklich über die Steuerpläne ist man beim Deutschen Sportwettenverband (DSWV): „Wir haben erhebliche rechtliche Bedenken, weil es eine Doppelbesteuerung zur Wettsteuer des Bundes ist“, sagte DSWV-Hauptgeschäftsführer Luka Andric der taz. Zu dem Vorwurf, dass Wettbüros vor allem Menschen in armen Stadtteilen das Geld aus der Tasche ziehen, sagte er: „Bei der Ansiedlung von Wettbüros spielen oft auch strikte gesetzliche Vorschriften eine Rolle.“ jpb

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen