Unterm Strich
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Der russische Künstler Pjotr ­Pawlenski wurde gestern am Morgen in Moskau nach einer Kunstaktion verhaftet. Er hatte die Tür zum russischen Geheimdienst FSB in Brand gesetzt, um gegen den staatlichen „Terror“ zu protestieren. Der FSB ist Nachfolger des gefürchteten sowjetischen Geheimdienstes KGB. Unter Diktator Josef Stalin wurden in den 1930er Jahren politische Gefangene am Lub­janka-Platz gefoltert und hingerichtet.

Die Bilder von Pawlenskis Aktionen gingen um die Welt: Er nähte sich den Mund zu, nagelte sich nackt am Hodensack auf den Roten Platz und schnitt sich auf dem Dach der Botinskij-Psychiatrie ein Ohrläppchen ab. Die Reaktionen der russischen Gerichte, Medien und Öffentlichkeit sind als Antworten der Autorität Teil von Pawlenskis Aktionen.

Scharfe Kritik an Pawlenskis Vorgehen äußerten russische Menschenrechtler. „Man muss mit Worten handeln, nicht mit Gewalt“, sagte Ljudmilla Alexejewa von der Moskauer Helsinki-Gruppe.Kunst. Elena Gremina, die Leiterin des Theaters Teatr.doc, schrieb dagegen in einem Kommentar auf Facebook: „Die Aktion von Pawlenski ist eine starke Metapher. Hier ist alles wichtig. Dass das Land von einem KGB-Oberst regiert wird, dass es einen Krieg, polizeiliche Willkür und Korruption gibt. Dass Reformen eingestellt wurden und die Menschen in Russland rechtlos sind. Der Aktionist drückt sich selbst wie eine Farbtube auf dem Bild der Realität aus. Das, was dabei rauskommt, ist beeindruckend.“

In Hamburg soll die weltweit erste Retrospektive von Pawlenski stattfinden, im Rahmen des Festivals NORDWIND auf Kampnagel, das diesen Freitag eröffnet. Wie lange der Künstler in Untersuchungshaft bleiben wird und ob er im Laufe des Monats nach Deutschland reisen kann, bleibt unklar.

Der 1943 geborene belgische Philosoph Marc Richir ist am Montag im Alter von 72 Jahren an Krebs gestorben. Seine Arbeiten, die vor allem im französischsprachigen Raum gelesen wurden, sind nicht nur für die Philosophie und Phänomenologie von hoher Bedeutung, sondern auch für Sprach- und Literaturwissenschaft und die Psychoanalyse. Auf Deutsch erschien von ihm im Verlag Turia + Kant „Das Abenteuer der Sinnbildung“.