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Archiv-Artikel

Guerilla-Taktik wurmt Göttinger Polizei gewaltig

Nach der NPD-Demonstration: Polizeipräsident hat „Einsickern“ von militanten Antifa-Demonstranten nicht bemerkt

Militante Autonome haben nach Einschätzung der Polizei eine neue Gewalt-Strategie entwickelt. Göttingens Polizeipräsident Hans Wargel sagte gestern, seine Beamten seien am Samstag von einer „Guerilla-Taktik“ überrascht worden. Etwa 1.000 Autonome hätten zur gewalttätigen Verhinderung eines NPD-Aufmarsches in „vernetzten Kleingruppen“ agiert. Die Errichtung brennender Straßenbarrikaden sei offenbar systematisch vorbereitet worden.

Die Linken aus mehreren Bundesländern waren nach Wargels Einschätzung zum Teil schon Tage zuvor in unauffälliger Kleidung „nach Göttingen eingesickert“. Erst unmittelbar bevor sie die Barrikaden errichteten und in Brand setzten, hätten sie die „schwarze Autonomen-Kluft“ angelegt. Ein vergleichbare Vorgehensweise der gewaltbereiten Linken sei der Polizei bisher nicht bekannt gewesen. Bei den Ausschreitungen am Samstag waren rund 80 Personen verletzt worden, darunter 14 Polizisten. Die Staatsanwaltschaft hat rund 50 Strafverfahren gegen linke Gewalttäter eingeleitet. Die Autonomen, die Fahrradmelder und Späher einsetzten, seien „strategisch gut aufgestellt“ gewesen, sagte Wargel. Etwa 500 von ihnen hatten sich zwischen die Demonstranten gemischt. Umso überraschter seien die Beamten gewesen, als dann rund 1.000 weitere Autonome im Universitätsviertel brennende Barrikaden errichten. Dies sei offenbar gut koordiniert gewesen. Heranrückende Polizisten seien attackiert und mit Steinen beworfen worden, sagte Wargel. Dabei hätten die Autonomen auch die Verletzung Unbeteiligter in Kauf genommen. Der Polizeipräsident sprach „von einer neuen Dimension der Gewalt“. Er appellierte an die Gerichte, bei künftigen Entscheidungen zu NPD-Demonstrationen die Ereignisse von Göttingen zu bedenken.

Die Polizei hatte die Demonstration mit rund 230 NPD-Anhängern wegen der Ausschreitungen vorzeitig aufgelöst. Wargel wertete es als „Teilerfolg“, dass die Polizei, die 3.800 Beamte im Einsatz hatte, eine direkte Konfrontation zwischen Linken und Rechten verhindern konnte.

dpa