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Ende gut, nicht alles gut

Elfenbeinküste Präsident Ouattara fährt einen hohen Wahlsieg ein, und Gewalt nach dem Ergebnis gibt es diesmal nicht. Aber seine radikalen Gegner bleiben unversöhnt

Zufriedener Sieger: Alassane Ouattara (vorne und hinten) im Wahlkampf, Abidjan Foto: Luc Gnago/reuters

Aus Abidjan Katrin Gänsler

Es war eine zähe Warterei. Dabei stand der Ausgang der Präsidentschaftswahl vom Sonntag grundsätzlich längst fest. Doch bis zum späten Dienstagabend vertröstete die Unabhängige Wahlkommission (CEI) der Elfen­beinküste die Öffentlichkeit immer wieder. Zahlen, Statistiken, erste Ergebnisse? Gleich, versicherten Mitarbeiter ständig. Daraus wurden Stunden und Tage, was den Ruf der Kommission alles andere als verbessert hat.

Die von allen erwartete Wiederwahl von Amtsinhaber Alassane Ouattara hat die Wahlkommission am Mittwochmorgen bestätigt. Der 73-Jährige konnte demnach 83,66 Prozent der Stimmen für sich verbuchen. Sein wichtigster Gegenkandi­dat, Pascal Affi N’Guessan, von der oppositionellen Ivorischen Volks­front (FPI) holte gerade einmal knapp 9,3 Prozent und gratulierte am Mittwochmittag Ouattara zum Wahlsieg. Über die restlichen Kandidaten spricht niemand.

Knapp 84 Prozent hören sich nach einer saftigen Unterstützung an. Doch die Wahlbeteiligung lag gerade einmal bei knapp 55 Prozent. Vor dem Urnengang hatten sich auch nur 6,3 Millionen Menschen in die Wählerlisten eintragen lassen. Dabei leben in der Elfenbeinküste rund 23 Millionen Menschen. Allerdings: Auch in Ländern, die keine politische Krise hinter sich haben, ist die Beteiligung an Wahlen nicht zwangsläufig viel höher.

In Elfenbeinküste haben die Erinnerungen an die Gewalt nach der Stichwahl im November 2010 dazu geführt, dass viele Menschen zu Hause geblieben sind. „Ob ich im Wahllokal gewesen bin?“, fragt Taxifahrer Ibrahim Traoré auf der Fahrt von der Wahlkommission bis ins Viertel Cocody fast verlegen zurück: „Ich wollte ja, aber dann habe ich es doch nicht getan.“ Zu Hause fand er es sicherer.

„Wir haben schon gewonnen, wenn Frieden ist“

Ibrahim Traoré, Taxifahrer

Die letzte Präsidentschaftswahl habe ihm schließlich gezeigt, wie schnell die Stimmung kippen kann. Als Amtsinhaber Laurent Gbagbo damals seine Niederlage gegen Ouattara nicht akzeptieren wollte, starben bei den sich anschließenden Unruhen mehr als 3.000 Menschen. Danach sieht es diesmal zum Glück nicht aus. Bisher ist es ruhig geblieben. Auch die Sorge einiger nichtstaatlicher Organisationen, dass in den ehemaligen Gbagbo-Hochburgen gar nicht gewählt würde, hat sich nicht bestätigt.

Dennoch muss sich der wiedergewählte Präsident nun dringend um die Einigung seines Landes bemühen. Allein die politischen Parteien sind so zerstritten, dass der Gbagbo-treue Flügel der FPI bei der Wahl gar nicht erst antrat. In der kleinen Parteizentrale im Stadtteil Deux Plateaux hatte dessen Sprecher Boubacar Koné noch zwei Tage vor dem Urnengang die Teilnahme sogar „gefährlich“ genannt. Der Urnengang könne die Krise im Land wieder verschärfen. Kritik unabhängiger Organisationen am Wahlboykott hatte er mit einer abschätzigen Handbewegung abgetan: „Wir spielen doch nicht ihr Spiel. Wir kennen unser Land und unsere Geschichte.“

Während am Montag und Dienstag bei der CEI noch die Stimmzettel ausgezählt wurden, hauten ein paar seiner Anhänger in die gleiche Kerbe und sprachen von massiv gefälschten Ergebnissen, besonders in Sachen Wahlbeteiligung. Ein ähnliches Misstrauen ist auch auf den Straßen von Abidjan spürbar. Oberflächlich scheinen die Wunden zwar knapp fünf Jahre nach Kriegsende verheilt zu sein, und gegenüber westlichen Journalisten wird von einem geeinten Land gesprochen. Doch versöhnt ist es noch nicht. Taxifahrer Traoré kann trotzdem nach der Bekanntgabe der Ergebnisse ein wenig aufatmen. „Wir haben schon gewonnen, wenn Frieden ist.“

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