: Schnell geheuert, schnell gefeuert
Protest Migrantische Beschäftigte in der Gastronomie wehren sich gegen schlechte Arbeitsverhältnisse
Mit „zufriedenen Gästen“ wirbt das Restaurant Cancún im Internet. Doch die BesucherInnen, die sich für Samstagabend im Cancún angekündigt haben, sind keineswegs zufrieden: Die Basisgewerkschaft Freie Arbeiter Union (FAU) ruft unter dem Motto „Paradies für Touristen, die Hölle für Arbeiter“ zu einer Kundgebung auf.
„Wir unterstützen einen ehemaligen Barmann“, sagte Andreas Förster von der FAU der taz. Es gehe um Lohnforderungen und Urlaubsansprüche im vierstelligen Bereich. Förster moniert auch den Arbeitsvertrag des ehemaligen Cancún-Beschäftigten. So habe der Vertrag keine Mindestarbeitszeit ausgewiesen und eine nach Meinung der FAU überzogene Schadenersatzklausel enthalten. Gegenüber der taz hatte sich die Cancún-Geschäftsführung nicht zu den Vorwürfen geäußert.
Dass in der Gastronomie in Sachen Löhne und Arbeitsbedingungen einiges im Argen liegt, wurde auch auf einer Veranstaltung deutlich, auf der am Mittwoch FAU-Mitglieder aus verschiedenen Restaurants und Bars über ihren Kampf um bessere Arbeitsbedingungen berichteten. Die Gastronomie sei ein Experimentierfeld für prekäre Arbeitsverhältnisse, weil dort besonders viele migrantische Beschäftigte arbeiten, die schnell geheuert und gefeuert werden. Gegenwehr werde erschwert, weil sich viele lieber einen neuen Job suchen, als um eine Lohnerhöhung oder Arbeitszeitverkürzung zu kämpfen, so die Einschätzung eines gewerkschaftlich organisierten Barmanns.
Berichtet wurde auch, wie eine ungewöhnliche Form des Arbeitskampfes zum Erfolg führte: Beschäftigte von drei italienischen Pizzerien nutzten ein Konzert der linken italienischen Band Banda Bassotti im S036, um das Publikum in einer kurzen Rede über ihre schlechten Arbeitsbedingungen zu informieren. Kurze Zeit später hatten sie einen Tarifvertrag.
„Der schnelle Erfolg kam zustande, weil diese Pizzerien einen Ruf zu verlieren haben“, so die Einschätzung eines FAU-Mitglieds. „Im Cancún aber können wir uns nur auf unsere gewerkschaftliche Kraft und nicht die Fürsprache einer Band verlassen“, fügt er hinzu. Peter Nowak
Protestkundgebung „Paradies für Touristen, die Hölle für Arbeiter“, Samstag, 19 Uhr, vor dem Restaurant, Rathausstraße 5–13.
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