: "Vergleiche werfen zurück"
Lernen Schülerbeteiligung helfe Problemschulen, sagt der frühere GEW-Chef Klaus Bullan
taz: Herr Bullan, was ist eigentlich das Problem an den sogenannten Problemschulen?
Klaus Bullan: Das Problem an Problemschulen besteht darin, dass sich hier Kinder und Jugendliche aus sozial schwierigen Verhältnissen konzentrieren. Da soziale Benachteiligung massiven Einfluss auf die Erfolgsaussichten in Schulen hat, sammeln sich in den Stadtteilen, in denen die soziale Belastung besonders hoch ist, die Misserfolge von Schülerinnen und Schülern.
Auf der heutigen Tagung dazu nehmen auch Berliner Schulen teil. Welche Konzepte gibt es dort?
Berlin hat insbesondere mit dem Modellversuch Gemeinschaftsschulen, also längerem gemeinsamen Lernen, sehr gute Lernergebnisse erzielt. Dort setzt man an den Bedürfnissen und Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler an und unterstützt sie in ihren Stärken. So schafft man ein besseres Lernklima.
Was bedeutet das konkret?
Das ist ganz unterschiedlich: beispielsweise eine stärkere Beteiligung der Schüler am Schulleben oder eine wirkliche Inklusion. Vor allem richten sie aber die Leistungsanforderungen an den Schülern aus und nicht an den behördlichen Vorgaben.
Wie groß sind die Probleme in Hamburg?
In Hamburg bleiben bestimmte Schulen aller Schulformen, also auch Gymnasien, in sozial benachteiligten Stadtteilen in den Ergebnissen hinter dem Durchschnitt zurück. Das wird auch in den sogenannten KESS-Untersuchungen gemessen. Schülerinnen und Schüler einiger Schulen, zum Beispiel in Wilhelmsburg oder Billstedt, liegen drei Jahre hinter den Schulen in den Walddörfern oder den Elbvororten.
Was tut man dagegen?
Neben ähnlichen Konzepten wie in Berlin haben sich einige Schulen auf den Weg gemacht, mit Unternehmen und Kulturinstitutionen zu kooperieren, um mehr Alltagsleben in die Schulen zu bringen.
Wo beginnt da die Verantwortung der Politik?
Die Rahmenbedingungen müssen stimmen. Viele Schulen in sozialen Problemlagen machen eine sehr gute Arbeit. Das stößt aber ständig auf Grenzen, die von der Behörde gesetzt werden. Die Devise „Leistungsvergleiche über alles“ wirft die Schülerinnen und Schüler zurück und beschämt sie. Das muss endlich aufhören.
Interview Albert Wenzel
Diskussion „Potenziale freisetzen für eine Pädagogik ohne Grenzen“: 16.00 Uhr, kleiner Saal des Curiohauses, Rothenbaumchaussee 15
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen