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Den HelferInnen reicht‘s

Demo 1 Rund 700 Menschen aus dem Umkreis von „Moabit hilft“ zeigten vor dem Roten Rathaus ihre Wut über die mangelhafte Versorgung von Flüchtlingen. „Wir können das nicht mehr lange leisten“, sagen Beteiligte

Eigentlich müsste da die Entscheidung leicht fallen: DemonstrantInnen vor dem Neptunbrunnen Foto: Miguel Lopes

von Malene Gürgen

Ibrahim schüttelt den Kopf: „Deutschland ist ein modernes Land“, sagt der 18-Jährige, „es gibt die Möglichkeit, das alles viel besser zu machen, aber das passiert nicht.“ Er meint die Zustände vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso), wo Flüchtlinge tagelang auf Registrierung warten, Kranke im Regen stehen und Menschen ohne Schlafplatz zurückbleiben. Ibrahim und seine Freunde Mesut und Ali gehören zu den Hunderten, die versuchen, diese Situation erträglicher zu machen: Über den Neuköllner Jugendclub Manege, wo sie aktiv sind, sammeln sie Geld- und Sachspenden, verteilen diese vor dem Lageso und vermitteln Schlafplätze.

Die Antwort auf die Frage, warum sie das machen, könnte im Integrationslehrbuch stehen: „Unsere Eltern waren doch selbst Flüchtlinge aus dem Libanon.“ Außerdem, sagt Mesut, mache es Spaß: „Du kriegst viel zurück dabei. Wenn du jemandem einen Schlafplatz klärst, weißt du, dass du heute echt was Gutes gemacht hast.“

Am Samstag stehen Ibrahim, Mesut und Ali am Neptunbrunnen. Die Initiative „Moabit hilft“ hat zur Kundgebung „Es reicht!“ aufgerufen. Sie verlangt „politische Konsequenzen und weitreichende Lösungen“. Viele der rund 700 TeilnehmerInnen sind Aktive: In Grüppchen wird sich ausgetauscht über die besten Deutschlehrbücher und skurrilsten Kleiderspenden oder über die Suche nach Anwälten.

„Ich habe mich in meinem Leben noch nie so geschämt wie an meinem ersten Tag am Lageso“

Günter Jonitz, Ärztekammer Berlin

Ein Kaffeeklatsch ist die Aktion aber nicht. Die Redebeiträge sind wütend: Hebamme Simone Logar berichtet von Hochschwangeren, die auch nach drei Anträgen nicht als Härtefall anerkannt werden und tagelang anstehen müssen. Von Müttern, die 48 Stunden nach der Geburt ohne Unterkunft aus dem Krankenhaus entlassen werden. „Wir machen ehrenamtlich, was wir können, aber wir können das nicht mehr lange leisten“, sagt sie. Günther Jonitz von der Ärztekammer Berlin nennt die Zustände am Lageso eine „riesige Sauerei“ und die Menschen, die dort helfen, „absolut prachtvoll“ – dafür gibt es ebenso viel Applaus wie jedes Mal laute Buhrufe ertönen, wenn der Name von Sozialsenator Mario Czaja fällt. Er habe sich in seinem Leben noch nie so geschämt wie an seinem ersten Tag am Lageso Anfang September, sagt Jonitz.

Während aus dem „Buch der Schande“ vorgelesen wird – einer Namensliste, dazu in Tagen die Zeit, die diese Menschen am Lageso warten mussten – zieht Diana Henniges, Sprecherin von „Moabit hilft“, ein positives Fazit der Kundgebung. Nur einen Zwischenfall habe es gegeben: Eine Gruppe Nazis habe versucht, durch die Menge zu laufen, die Männer hätten den Hitlergruß gezeigt und Schilder umgeworfen. Die Polizei habe sie aber in Gewahrsam genommen.

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