: „Der US-Markt hat Appetit auf Europa“
FILM Deutsche Historiendramen werden weltweit gefeiert, sagt Nico Hofmann, Ko-Chef der Produktionsfirma UFA
Interview Wilfried Urbe
taz: Herr Hofmann, vergangene Woche waren Sie auf der TV-Programm-Messe Mipcom. Erfolgreich?
Nico Hofmann: Wir haben noch einmal massive Verkäufe mit „Deutschland 83“ bestätigt – ein Programm, das in alle entscheidenden europäischen Märkte ging. Selbst der größte russische Privatsender wird „Deutschland 83“ in der Primetime bringen, obwohl das Thema Homosexualität eine Rolle spielt. „Nackt unter Wölfen“ verkauft sich auch gut. Und dass der größte französische Sender TF1 im Vorfeld sich aufgrund der Drehbücher an der Hitler-Verfilmung beteiligt, die insgesamt ein Volumen von 25 Millionen Euro haben wird – so etwas gibt es nur ganz selten. Ich bin zufrieden wie noch nie.
Warum ist es Ihnen so wichtig, Ihre Produktionen ins Ausland zu verkaufen?
Weil mich die weltweite Verbreitung der Programme interessiert. Mit jedem weiteren Land und jeder Plattform, die unsere Filme zeigt, verdienen wir Geld. Was Skandinavien international im Krimibereich war, das wird Deutschland jetzt im Genre der historischen Stoffe.
Woran bemerken Sie das?
„Unsere Mütter, unsere Väter“, das in über 120 Ländern lief, hat uns Türen geöffnet. Ich verhandle aktuell beispielsweise mit dem größten amerikanischen Kabelsender AMC oder auch mit Sky auf Augenhöhe. Deutschland ist in der Gesamtbetrachtung auch als Partner für internationale Koproduktionen attraktiver geworden.
Kann man die Auslandserfolge in Umsätzen beziffern?
Das Volumen der Eventproduktionen, die wir ab jetzt bis Ende 2016 drehen, macht einen Umsatz von 50 Millionen Euro pro Jahr aus. Früher haben wir bei der UFA dafür vielleicht 15 bis 20 Millionen Euro veranschlagt. Unsere Verhandlungsbasis gegenüber den Sendern ist jedenfalls eklatant gestiegen. Ich würde behaupten, dass ich zurzeit jedes Projekt am Markt unterbringen kann.
Gibt es angesichts Ihrer Zufriedenheit weitere Fortschritte, die sie anstreben?
Die komplett englischsprachige Produktion. Wir haben im Unternehmen Amerikaner und Engländer als Autoren beschäftigt. Bei „Der geteilte Himmel“, ein Programm, das ich gemeinsam mit Jan Mojto produziere, schreibt die britische Starautorin Paula Milne das Drehbuch. Zu „Deutschland 83“ hat die Amerikanerin Anna Winger das Drehbuch entworfen.
Aber das sind ja keine englischsprachigen Produktionen . . .
Im angloamerikanischen Raum gibt es einen Appetit auf Anderssprachigkeit. „Deutschland 83“ wird auf Channel 4 und Sundance TV mit Untertiteln gezeigt. Der US-Markt hat einen Appetit für Europa entwickelt, das gilt für Sky genauso wie für Amazon oder Netflix.
Also bleiben englischsprachige Fernsehfilme aus deutscher Produktion Utopie?
Nein, das kommt auf das Thema an. Wir entwickeln gerade einen Stoff über deutsche Kriegsgefangene in den USA. Den drehen wir auf Englisch.
Der Mann:55 Jahre alt, Produzent und Chef der UFA Fiction und ab 2017 alleiniger Chef der UFA-Gruppe. Er produzierte unter anderem „Der Tunnel“, „Dresden“, „Die Flucht“ und den umstrittenen Mehrteiler „Unsere Mütter, unsere Väter“
Die UFA:ist die größte deutsche Film- und TV-Produktionsfirma
Welche Bedeutung haben für Sie die Internetvideoportale?
Die Hälfte der Umsätze bei unseren Verkäufen machen wir mit digitalen Kanälen. Das heißt, die Hälfte des Gewinns kommt praktisch on top. Bei „Deutschland 83“ verzeichnen wir einen Zuwachs von 25 Prozent im digitalen Bereich. Mit den OTT-Portalen (eine Art des Internetfernsehens, die Redaktion) vergrößert sich unsere Gesamtnutzung. Dabei bleiben auch unsere traditionellen Partner so wichtig wie zuvor. Ich profitiere von beidem.
Ihre Erfolgsformate beschäftigen sich immer mit deutscher Geschichte. Könnten Sie sich zum Beispiel auch mal eine Komödie vorstellen?
Die Amerikaner machen das seit Jahren genauso. Aber tatsächlich planen wir mit Sky jetzt eine Art Dramedy, produziert von der „Doctor’s Diary“-Macherin Steffi Ackermann, mit Maria Furtwängler in der Hauptrolle.
Haben Sie noch ein Wunschprojekt für die Zukunft?
Eigentlich nicht – im Moment mache ich alles, was ich will.
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