piwik no script img

Alles andere als flächendeckend

Zugang In Deutschland sind Geflüchtete oft auf offenes WLAN angewiesen, doch das gibt es nur selten

BERLIN taz | Als Diashow sind seine Verletzungen auf YouTube zu sehen. Von der Flüchtlingsunterkunft Marienfelde aus dokumentiert David Achuo was ihm 2011 in Kamerun angetan wurde. Damals protestierte er gegen die Wahlfälschung bei der Präsidentenwahl und wurde verprügelt. Bis heute ist der Körper des 24-Jährigen vernarbt.

Das Internet hilft Fliehenden auf dem Weg nach Europa. Doch auch im Zielland angekommen, bleibt der Internetanschluss unentbehrlich, nicht nur als Draht in die Heimat, sondern auch bei Amtsgängen und politischen Anliegen. Das Internetcafé in Marienfelde ist eines von acht, ermöglicht vom Verein Refugees Emancipation.

Amjad Saoud* kommt ins Internetcafé, um online Deutsch zu lernen. Der schmale Syrer braucht das WLAN, um mit Freunden und Familie zu kommunizieren, meistens über WhatsApp, sagt er. Er ist erst seit neun Monaten hier. Andere, sagt Achuo, schreiben hier Bewerbungen. Einige der Kinder in Marienfelde bräuchten das Internet auch für ihre Hausaufgaben.

Die meisten BewohnerInnen sind auf das Internetcafé angewiesen, denn Flatrates für mobiles Internet über das Handy sind oft begrenzt oder teuer, sagt David Achuo. WLAN, das wie hier über den Gemeinschaftsraum hinausreicht, ist in Unterkünften selten. Meist fühlt sich niemand für die Internetversorgung zuständig.

Doch auch von außen kann die Unterkunft mit offenem WLAN versorgt werden, sagt Phillip Borgers, zusammen mit André Gaul aktiv beim Freifunk Berlin. Das Ziel: offenes Internet für Deutschland. Freifunk ist ein dezentrales WLAN-Netzwerk, bei dem jeder mitmachen kann. „Ein Freifunkrouter findet automatisch andere Freifunkrouter in der Nachbarschaft“, sagt André Gaul, „so bildet sich ein Netzwerk.“ Der Internetverkehr wird dann über den Freifunkserver in Schweden geleitet. Dort gibt es die sogenannte Störerhaftung nicht. Ein deutsches Gesetz, das die Betreiber von WLAN-Netzwerken für vermeintliche Urheberrechtsverletzungen haftbar macht. Nachbarn von Unterkünften, die ihre Router für die Geflüchteten öffnen, sind so also auf der sicheren Seite.

Auch Willkommensinitiativen, Bibliotheken oder die Telekom versuchen Geflüchteten Zugang zum Internet zu ermöglichen. Bisher ist das aber alles andere als flächendeckend.

Svenja Bednarczyk

*Name geändert

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen