Portrait
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Will um jeden Preis bekannt werden: Ingbert Liebing (CDU), 52 Foto: dpa

Nur ein kleines Wort

Ingbert Liebing hat ein Pro­blem: 2017 will er Ministerpräsident von Schleswig-Holstein werden, aber viele seiner potenziellen Landeskinder würden den CDU-Politiker nicht auf der Straße erkennen. Ein Schicksal, das der 52-jährige Bundestagsabgeordnete mit vielen Polit-Profis der zweiten Reihe teilt – ein Schicksal, das sich ändern lässt. Ein kleines Wort reichte für ein bundesweites Medienecho bis in die „Heute-Show“. Das Wörtchen lautet „Verabschiedungskultur“. Gemeint ist damit, dass nicht nur über ankommende, sondern auch über abzuschiebende Flüchtlinge geredet werden soll.

Gestern forderte Liebing nun mehr „Flexibilität“ für Flüchtlinge im deutschen Arbeitsmarkt. Es sei „nicht nachvollziehbar“, wenn die Arbeitsagentur der Beschäftigung eines Flüchtlings nur zustimme, wenn ein höherer Lohn als anderen, deutschen Mitarbeitern im Betrieb gezahlt werde. Oder wenn der volle Tariflohn verlangt werde, obwohl die Leistungen zunächst noch niedriger seien und der Arbeitgeber zusätzlich in Sprach- und Qualifizierungskurse investiere. Gleichzeitig dürfe es aber nicht passieren, dass „Flüchtlinge als Billigstarbeitskräfte missbraucht werden“. Klingt, als sei der Korridor für flexible Entscheidungen recht eng.

Liebing ist seit knapp einem Jahr Vorsitzender der Schleswig-Holstein-CDU und hat bisher eine schnurgerade Polit-Karriere hingelegt. Der Flensburger fing nach Wehrdienst und Studium als Referent der CDU-Landtagsfraktion an, war Bürgermeister auf Sylt und sitzt seit 2005 im Bundestag. Das erinnert an Peter Harry Carstensen, der es aus dem Bundestag ins Amt des Ministerpräsidenten brachte. Zuvor hatte er seinen Bekanntheitsgrad mit einer „Politiker sucht Frau“-Kam­pagne in der Bild-Zeitung gesteigert.

Dass Liebing, verheiratet und Vater zweier Töchter, diesem Weg nicht folgt, ist rühmlich. Aber mit seinen Äußerungen zur Flüchtlingspolitik hat er bisher auch kein Glück gehabt. Vielleicht sollte er seinen Kurs wechseln und sich auf seine Kenntnisse fremder Sprachen und Kulturen besinnen: Liebing, der eigentlich Journalist werden oder in die politische Bildung einsteigen wollte, ist studierter Orientalist. est