LeserInnenbriefe
:

taz.die tageszeitung | Rudi-Dutschke-Str. 23 | 10969 Berlin

briefe@taz.de | www.taz.de/Zeitung

Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von Leserbriefen vor.

Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Positive Seiten bleiben unerwähnt

betr.: „Geflüchtet aus dem Wüstenknast“, taz vom 28. 9. 15

Wenn ich im Wesentlichen der Kritik im oben genannten Artikel der taz an der Diktatur in Eritrea auch zustimme, so finde ich den Artikel trotzdem einseitig. Es werden nur die zweifellos vorhandenen negativen Seiten dargestellt, aber positive Seiten, die ebenfalls von einem UNO-Gremium, nämlich der WHO, festgestellt wurden, sind nicht erwähnt.

Der kurze Hinweis, dass Eritreas Sympathisanten darauf verweisen, „Eritrea habe zahlreiche Millenniums-Entwicklungsziele erreicht“, reicht nicht aus, um damit den Vorwurf der Einseitigkeit zu entkräften. Eritreas Entwicklung im Gesundheitswesen wurde vom Repräsentanten der WHO in Eritrea, Dr. Usman Abdulmumini, auf der UN-Generalversammlung im September 2014 als vorbildlich für afrikanische Staaten hingestellt.

Durchgehend spürbar ist der Versuch des Staates, einen eigenen Weg zu gehen zwischen der westlichen Moderne und den Abhängigkeiten durch deren finanzielle Unterstützung auf der einen Seite und der eigenen Tradition und sozialistisch ausgerichteten Leitlinien auf der anderen Seite.

Die grundsätzlich bittere Armut des Landes und ständige kriegerische Bedrohung durch Äthiopien belasten einen konstruktiven Aufbau des Staates.

Der Spagat zwischen staatlich diktatorischer Führung und gesellschaftlicher Teilhabe auf unteren zivilgesellschaftlichen Ebenen scheint zu misslingen. Ebenso wird der Vorrang kollektiver Ziele für das ganze Land vor privater Freiheit und Entfaltungsmöglichkeit für das Individuum von breiten Bevölkerungsteilen immer weniger akzeptiert beziehungsweise sinkt die Hoffnung, in diesem Rahmen privates Glück aufbauen zu können. Hier liegen wesentliche Fluchtgründe. GERTRUD KOCH, Paderborn

Einseitig und polemisch

betr.: „Geflüchtet aus dem Wüstenknast“, taz vom 28. 9. 15

Grundsätzlich schätze ich die Berichterstattung von Dominic Johnson, daher ist es umso enttäuschender, dass der Artikel zu Eritrea völlig einseitig und polemisch daherkommt. Es gibt gerade in letzter Zeit eine Reihe reflektierender Berichte, unter anderem von Journalisten, die selbst im Land waren, und auch die zitierte Annette Weber hat einen nuancierten Bericht für die Stiftung Wissenschaft und Politik verfasst, die Nuancen bleiben jedoch unerwähnt.

Johnson scheint der Strategie der Herausgeber eines kürzlich erschienenen Buches über Eritrea gefolgt zu sein, die im Vorwort zugeben, nur Autoren gewonnen zu haben, die das Land verurteilen. TANJA MÜLLER, Manchester, Großbritannien

Krankheit schließt aus

betr.: „Lina bleibt zu Hause“, taz vom 30. 9. 15

Unbeschreiblich traurig, dass das kleine Mädchen wegen ihrer Erkrankung ausgeschlossen wird. Es zeigt erneut, dass Inklusion oftmals eine Illusion bleibt. JULIA ENGELS, Elsdorf

Ärgerlich unreflektiert

betr.: „Selbstverwirklichung, wie süß“, taz vom 29. 9. 15

Sie schreiben: „Die Aufkündigung einer Solidargemeinschaft durch die herrschenden Eliten einer prosperierenden Teilregion […] ist es das, was Europa braucht?“

Das mag einige Konstellationen beschreiben, aber nicht die katalanische. Denn weder macht der regionale Finanzausgleich den spanischen Staat, noch dazu denjenigen der Krisenjahre, sonderlich solidarisch; noch ist die heterogene katalanische Unabhängigkeitsbewegung maßgeblich von Wohlstandschauvinismus geprägt (auch die schottische übrigens nicht).

Der von näheren gesellschaftlich-politischen oder gar historischen Kenntnissen erkennbar ungetrübte Vergleich mit Bayern ist ähnlich abwegig. Und die Kritik an „patriotischem Gebimmel“ wirkt solange ärgerlich unreflektiert, wie sie sich nicht mindestens gleichermaßen gegen den Kult der gesamtstaatlichen Postfranquisten um Einheit und Größe der spanischen Nation richtet. JOHN PHILIPP THURN, Berlin

Tote Tiere, kranke Menschen

betr.: „Pflanzengift wird geschont“, taz vom 29. 9. 15

Es ist unverständlich, wie man ein solches Universaltotalgift als unbedenklich einstufen kann.

Wenn man über die Lande fährt, sieht man überall die einheitlich braun abgetöteten Felder, wo, statt den Aufwuchs nach der Ernte als Gründünger zu nutzen, alles tot gespritzt wird und damit auch ein Großteil der Bodenlebewesen, die für die Fruchtbarkeit und das Funktionieren dieses großen Organismus wichtig sind.

Zu den Folgen von Glyphosat muss man nur den Film „Tote Tiere, kranke Menschen“ ansehen (http://www.arte.tv/guide/de/050772-000/tote-tiere-kranke-menschen?autoplay=1). Dies sollte zum Pflichtprogramm für alle Mitarbeiter der Zulassungsbehörde und alle Anwender gemacht werden.

Missgebildete Ferkel aus Dänemark, kranke Bauern in Deutschland und viele Krebstote sowie Fehlgeburten in den Sojaanbauregionen Argentiniens sprechen eine deutliche Sprache.

HENRY RISSE, Aachen