: Alles total verkrustet
TURNEN Fabian Hambüchen zieht vom Leder und lässt kein gutes Haar an seinem Verband
Man dürfe sich „nicht wundern, wenn wie bei uns zurzeit im Turnen seit Jahren kaum noch hoffnungsvolle Talente nachkommen und wir Alten immer die Kohlen aus dem Feuer holen müssen“, sagte der Exweltmeister, der nach dem Gewinn von bisher 38 Meistertiteln auch am Samstag als klarer Favorit in die zweite Qualifikation für die WM in Glasgow Ende Oktober geht.
Trainerjobs seien „oft so miserabel bezahlt, dass sich kaum mehr geeignete Übungsleiter finden“. Daher müsse man den Trainerjob finanziell attraktiver machen. „Es bringt doch nichts, immer nur schöne neue Turnhallen hinzustellen und nur in Steine zu investieren. Das Hauptaugenmerk muss auf der Nachwuchsförderung und damit auch auf den Trainern für den Nachwuchs liegen. Die schönste Halle bringt nichts, wenn dort kein gescheites Training stattfindet“, argumentierte Hambüchen. Seine Kritik richte sich nicht gegen einzelne Personen, stellte der 27-Jährige klar.
„Es sind generell die alten verkrusteten Strukturen und Denkmuster, die dringend weg müssen – und das betrifft oft nicht nur den DTB, sondern das deutsche Sportsystem allgemein.“ Er kenne genügend Turner, die ähnlich denken wie er, aber im Fördersystem gebunden sind. „Viele Athleten sind auf die Gelder angewiesen, da gibt es finanzielle Abhängigkeiten. Da kann ich es sogar nachvollziehen, dass man seinen Ärger im Zweifel eher mal runterschluckt.“
Grundsätzlich wehrte sich der Reck-Weltmeister von 2007, der in Rio de Janeiro seine vierten Olympische Spiele erleben möchte, gegen den „streng zentrumsorientierten Ansatz mit den großen Trainingszentren, bei dem der Rest dann halt unter den Deckel fällt und sich selbst überlassen wird. Wir brauchen flexiblere Lösungen in der Talentförderung und nicht diese verkrusteten und starren Strukturen.“
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