: Volkswagen wird aufgeräumt
DIESELGATE In Europa startet eine Rückrufaktion für fünf Millionen Fahrzeuge. Weltweit prüfen Institutionen Klagen gegen den Konzern. Erste mutmaßliche Verantwortliche des Skandals werden bekannt. Nur aus China kommen positive Nachrichten
von Kai Schöneberg
Im Rest der Welt überrollte die Affäre den Konzern weiter. Die belgischen Bundesländer Flandern und Wallonien planen offenbar wie einige US-Landkreise bereits Klagen gegen Europas größten Autobauer. Auch Spanien kündigte am Mittwoch an, Subventionen für schadstoffarme Wagen aus dem VW-Reich zurückzuverlangen.
Fünf Millionen Autos der Marke Volkswagen werden allen in Europa in die Werkstätten gerufen. Die betroffenen Kunden sollten demnächst per Post informiert werden, VW sprach von „Servicemaßnahmen“. Die Kosten könne man noch nicht abschätzen, sagte VW-Markenchef Herbert Diess nach einem Termin mit EU-Industriekommissarin Elzbieta Bienkowska. Ein Kommissionssprecher erklärte nach dem Treffen: „Beide Teilnehmer waren sich einig, dass es äußerst wichtig ist, das Vertrauen in die europäische Autoindustrie wieder herzustellen.“ Volkswagen hatte zugegeben, Dieselautos mit einer Software ausgestattet zu haben, die Abgaswerte manipuliert. Weltweit sollen bis zu elf Millionen Fahrzeuge betroffen sein.
Am Mittwoch zog das Aufsichtsratspräsidium von VW eine Zwischenbilanz der bisherigen Aufklärung. Dazu kamen der neue Vorstandschef Matthias Müller und ein Vertreter der US-Anwaltskanzlei Jones Day zu dem am Abend geplanten Treffen des engsten Führungszirkels um den amtierenden Aufsichtsratschef Berthold Huber, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil und Betriebsratschef Bernd Osterloh zusammen. Offenbar ging es dabei auch um den designierten neuen Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch. Der amtierende Finanzchef des Konzerns erhielt Rückendeckung vom VW-Hauptaktionär Porsche SE.
VW hat wegen der Affäre laut Manager Magazinrund ein Dutzend Mitarbeiter beurlaubt. Sie werden verdächtigt, an Entwicklung und Einsatz der zur Manipulation von Abgaswerten genutzten Software beteiligt gewesen zu sein, oder zumindest frühzeitig davon gewusst zu haben. Auch der einstige VW-Markenchef Heinz-Jakob Neußer ist offenbar in den Skandal verwickelt. Interne Untersuchungen hätten ergeben, dass der Manager bereits 2011 den Hinweis eines Technikers auf möglicherweise illegale Praktiken abgetan habe, schreibt ein Rechercheverbund um die Süddeutsche Zeitung.
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