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„Vermietern Grenzen zeigen“

Wohnungsmarkt Migranten sind bei der Wohnungssuche benachteiligt, sagt Birte Weiß

Foto: privat
Birte Weiß

44, arbeitet als Projektleiterin bei der Antidiskriminierungsstelle Amira in Hamburg und berät MigrantInnen.

taz:Werden Migranten auf dem Wohnungsmarkt diskriminiert, Frau Weiß?

Birte Weiß:Ja. Oft werden schwarze Deutsche und Menschen mit Migrationshintergrund oder sichtbaren religiösen Merkmalen gar nicht erst zu Wohnungsbesichtigungen eingeladen. Manchmal gibt es auch bei Besichtigungen skeptische Blicke oder Bemerkungen über schlechte Deutschkenntnisse. Solche Benachteiligungen sind verboten. Es passiert aber auch, dass Vermieter rassistische Beschwerden von Nachbarn ohne Prüfung weitergeben.

Was können Migranten machen, wenn sie das Gefühl haben, dass sie wegen ihrer Herkunft eine Wohnung nicht bekommen haben?

Das kommt auf die Eindeutigkeit der Diskriminierung an. Wenn sie direkt geäußert wurde, kann dagegen geklagt werden. Die Klage bringt aber nur eine Entschädigung, nicht den Anspruch auf die Wohnung selbst, die ist ja dann meist auch vergeben. Es ist also eher ein Instrument, Vermietern die Grenzen aufzuzeigen und bei den Menschen ein Bewusstsein für die Diskriminierung zu schaffen.

Hat das Erfolg?

In Berlin hat eine Klage eine sehr hohe Entschädigungssumme im vierstelligen Bereich erwirkt. Mieter mit Migrationshintergrund hatten eine überdurchschnittliche Mieterhöhung bekommen. Das zeigt, dass Klagen durchaus erfolgversprechend sind.

Wie ist die Situation auf dem Hamburger Wohnungsmarkt?

In Hamburg ist es nicht einfach, Diskriminierungen nachzuweisen. Wenn sich über 100 Leute auf eine Wohnung bewerben, ist es schwierig zu sagen, dass die Person mit der anderen Hauptfarbe oder dem anderen Akzent genau wegen dieser Merkmale nicht genommen wurde. Außerdem behaupten die Hamburger Vermieter, es gebe keine Diskriminierung.

Ist dort die Politik gefordert?

Der erste Schritt ist immer, überhaupt erst einmal auf das Thema hinzuweisen. Dann müssen Daten erhoben werden, damit wir wissen, wie groß das Problem in Hamburg ist. Außerdem müssen die Vermieter und Makler für die Problematik sensibilisiert werden, weil sie diejenigen sind, die die Türen für Migranten schließen. Ein zentrales Thema, das Diskriminierung nicht überwindet, aber entschärft ist es natürlich auch dadurch, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

Interview: Albert Wenzel

Vortag „Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt?!“: 17.30 Uhr, Dorothee Sölle Haus, Königstraße 54

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