: Richter bestimmten das Streikziel
ARBEITSKAMPF Das Verbot des Pilotenstreiks durch ein Landesarbeitsgericht ist rechtlich fragwürdig
Offiziell streikt die Pilotengewerkschaft Cockpit für den Beibehalt der hohen Übergangs-Betriebsrenten. Die Lufthansa wirft der Gewerkschaft aber vor, dass sie eigentlich ganz andere Ziele habe. Sie wolle nämlich die neue Billigflugtochter Eurowings Europe verhindern, die die Lufthansa in Österreich gegründet hat und bei der Piloten deutlich weniger verdienen.
Das Arbeitsgericht Frankfurt hat am Dienstag in erster Instanz entschieden, dass es nur auf das offizielle Streikziel ankomme. Deshalb war der Streik zunächst für zulässig erklärt worden. Das LAG folgte am Mittwoch jedoch der Lufthansa und untersagte den Streik. Es gehe bei dem Streik auch um die Mitbestimmung beim sogenannten Wings-Konzept der Lufthansa.
Die LAG-Entscheidung kommt überraschend, denn das Bundesarbeitsgericht hatte 2007 entschieden, dass nur die Forderungen maßgeblich sind, die die Gewerkschaftsgremien vor dem Streik offiziell beschlossen haben. Allerdings hat Cockpit dem LAG gute Argumente geliefert. Denn als Vorbedingung für Verhandlungen hatte Cockpit von der Lufthansa gefordert, zunächst die Verlagerung von Jets und Arbeitsplätzen zu stoppen. In einem zweiten Schritt hat das LAG dann den Streik untersagt, weil die Mitbestimmung über das Wings-Konzept kein tariflich regelbares Ziel sei. Doch auch das ist rechtlich nicht eindeutig.
Grundsätzlich kann in Deutschland nur für ein Ziel gestreikt werden, das auch Gegenstand eines Tarifvertrags sein kann. Typischerweise geht es dabei um Löhne, Arbeitsbedingungen und Arbeitszeiten. Nach Auffassung des LAGs wäre die Mitbestimmung beim Eurowings-Konzept aber nicht tariflich regelbar.
So klar ist das jedoch nicht. Schließlich gibt es auch Tarifverträge zur Standortsicherung. Denn ein Wegfall von Arbeitsplätzen würde die Arbeitsbedingungen und den Lohn nicht nur beeinträchtigen, sondern sogar beseitigen.
Da das LAG im Eilverfahren entschieden hat, wäre als kurzfristiges Rechtsmittel nun aber nur noch die Verfassungsbeschwerde möglich.
CHRISTIAN RATH
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