: Prohibition statt Prost
PARK Pünktlich zum 150. Jubiläum seiner Initial-Veranstaltung, dem äußerst trinkfesten „Bundesschießen“, erlässt der Bürgerpark ein Alkoholverbot
Ab dem 1. Oktober gilt im Bürgerpark ein Alkoholverbot. Durchsetzen sollen es die 30 GärtnerInnen, notfalls auch die Polizei. Direktor Tim Großmann verweist zur Begründung auf ausufernde Kohltouren, bei denen vergangenes Jahr Bänke zerstört und das Tiergehege mit Feuerwerkskörpern attackiert worden seien. „Wir haben oft 40 Touren zugleich im Park“, sagt Großmann zur taz.
Doch warum reicht kein saisonales Winter-Trinkverbot? Großmann verweist auf Spargeltouren und Junggesellen-Abschiede. Aber der Premieren-Sekt von „Shakespeare im Park“, überhaupt die ganze Park-Gastronomie? Dort und auf genehmigten Veranstaltungen dürfe weiterhin getrunken werden, sagt Großmann. Etwa bei „Licht und Musik am Hollersee“, das am Sonntag wieder tausende von BesucherInnen anziehen wird. Man werde nun auch „nicht hinter jedem Busch lauern, um Damen-Kränzchen mit ihren Piccolos aufzustöbern“. Doch angesichts der zunehmend über den Hauptbahnhof anreisenden auswärtigen Kohltour-Gehern sei eine neue juristische Handhabe erforderlich.
„Trinkgelage“ sind in der Parkordnung bereits verboten, nun soll das explizit auf mobile Gelage ausgeweitet werden. Auch die Mehrpersonen-Bierfahrräder sind laut Großmann ein Problem, das zahlreiche Beschwerden auslöse. Allerdings liegt genau hier der Ursprung des Bürgerparks. Das „Zweite Deutsche Bundesschießen“ von 1865 fand unter sengender Sonne auf dem damals baumlosen Gelände statt: Eine paramilitärisch-patriotische Massenveranstaltung, auf der in großem Stil getrunken wurde. Der nicht vorhandene Schatten – die schwitzenden Schützen wurden seinerzeit landesweit in Zeitungen mitleidig bespöttelt – führte zur Gründung des „Comité zur Bewaldung der Bürgerweide“.
Dieser historische Verweis kann Großmann allerdings nicht beeindrucken: „Unsere Nutzungsansprüche“, sagt er, „haben sich seither deutlich verändert.“ HENNING BLEYL
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen