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„Hemmungen vorhanden“

info-Treff Eine Krankenschwester liefert Infos über das Stillen – für Mütter, Väter, Omas und Opas

Claudia Seidel

56, ist seit über 30 Jahren Kinderkrankenschwester und seit 2001 Still- und Laktationsberaterin. Sie arbeitet im St. Joseph-Stift.

taz: Frau Seidel, kann frau viel falsch machen beim Stillen eines Kindes?

Claudia Seidel: Man sollte erst mal davon ausgehen, dass sie alles richtig macht. Mütter und Kinder haben viele Instinkte, die wunderbar funktionieren. Die Mutter erkennt, wenn das Baby Appetit hat, legt es an und meist klappt das sehr gut.

Wozu braucht es dann Still-Beraterinnen wie Sie?

In den 1970er-Jahren wurde das Stillen nicht propagiert, die Flaschennahrung stand im Vordergrund. Dadurch wurde in einer ganzen Generation weniger gestillt, die heutige Omas haben selbst oft nicht das Wissen über das Stillen und können es ihren Töchtern nicht weitergeben. Auch werden heute weniger Kinder geboren, man sieht heute aber keine stillenden Frauen mehr, etwa in Filmen. Mütter trauen sich kaum noch, ein Baby anzufassen, es sind Hemmungen vorhanden.

Womit hängt diese Konjunktur des Stillens zusammen?

In den 1970er-Jahren ging es um den Freiraum der Mutter – sie sollte nicht so an das Kinder gebunden sein. Das war auch dadurch bedingt, dass eine bessere und hochwertiger Babynahrung entwickelt wurde, die das überhaupt ermöglichte. Davor kannte man das Ammenwesen, das sich jedoch nicht jede Frau leisten konnte. Heute weiß man aber, dass auch die beste Babynahrung die Muttermilch nicht kopieren kann.

Wieso eigentlich nicht?

Nun, die sogenannte Formula-Nahrung ist Kuhmilch, die an die Bedürfnisse des Kindes angepasst wird. Sie ist immer gleich in ihrer Zusammensetzung.Muttermilch ist lebendig und unnachahmlich, sie verändert sich, und passt sich den Bedürfnissen des Kindes an. Wenn die Mutter z.B. krank ist, produziert sie in ihrer Milch Antikörper und diese schützt das Kind vor Ansteckung. Sie enthält Enzyme zur Verdauung und Stoffe, die die Gehirn-Entwicklung fördern.

Gibt es beim Stillen auch Platz für den Vater?

Auf jeden Fall: Indem er die Frau unterstützt und ermutigt, ohne sie unter Druck zu setzen. Er kann ihr bei der Pflege des Babys helfen und Arbeiten des Haushalts abnehmen – oder: die Mutter pumpt die Milch ab und dann kann auch der Vater sie verfüttern.

Dennoch: Stillen bedeutet wohl vor allem, dass sich die Mutter ums Kinder kümmert ...

Nicht unbedingt: Die Vereinbarkeit vom Stillen und einer Berufstätigkeit ist im Mutterschutzgesetze geregelt. Darin sind Stillzeiten über die Pausen hinaus festgehalten, in denen Mütter die Milch abpumpen oder sich das Baby bringen lassen können. Viele Frauen wollen mobil sein, erwerbstätig und dennoch stillen. Man kann die Milch ja auch mal auf Vorrat einfrieren.

Kann man?

Natürlich. Sie hält sich bis zu sechs Monaten.

Interview: jpb

16 Uhr, St. Joseph-Stift, Schachhauser Heerstraße 54

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