: Antirassismusarbeitunter freiem Himmel
KREUZBERG Angst vor Besetzung: Bezirk verbietet Zelte beim „Festival gegen Rassismus“
Das „Festival gegen Rassismus“, das am ersten Septemberwochenende auf dem Kreuzberger Blücherplatz stattfinden soll, muss in diesem Jahr im Freien stattfinden. Der Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Hans Panhoff, habe den Aufbau von Zelten für Workshops untersagt, nicht einmal ein Sanitätszelt sei erlaubt, beklagten die Veranstalter am Donnerstag auf einer Pressekonferenz am Oranienplatz. Panhoff habe die Befürchtung geäußert, Geflüchtete könnten in den Zelten schlafen und den Platz besetzen. „Wir finden das in Zeiten, in denen Tausende Flüchtlinge in Zelten leben müssen, eine unzumutbare Position“, sagte eine Sprecherin des Bündnis Festival gegen Rassismus.
Solidarisch vernetzen
Das Festival findet zum dritten Mal statt und wird von zahlreichen Gruppen und Einzelpersonen unterstützt, darunter das „Bündnis gegen Rassismus“ und der Migrationsrat Berlin-Brandenburg sowie die bei Refugeestrike Berlin organisierten Flüchtlinge vom Oranienplatz und der besetzen Gerhart-Hauptmann-Schule. Unter dem Motto „Selbstbestimmt verändern, solidarisch vernetzen“ soll das Fest an Antirassismusarbeit interessierte Leute zusammenbringen. In Podiumsdiskussionen, Lesungen und Workshops wolle man vor allem People of Colour mit ihren vielfältigen Erfahrungen von Alltagsrassismus zu Wort kommen lassen, so die Sprecherin.
Die rassistischen Vorfälle der letzten Wochen und Monate hätten gezeigt, dass ein solches Festival nötig und wichtig sei, erklärte Bino Byansi Byakuleka, Aktivist vom Oranienplatz und Gründer der „African Refugee Union“. Die Aussage der Bundeskanzlerin in Heidenau, man werde rechte Hetze nicht tolerieren, nannte er „scheinheilig“, solange Flüchtlinge in Lagern isoliert und rechtlos gehalten würden. Das Zeltverbot des Bezirks ist für Byansi Byakuleka ein weiterer Beleg dafür, dass die Politik – in diesem Fall der Grünen – die Emanzipationsbewegung der Refugees seit der Besetzung des Oranienplatzes vor knapp drei Jahren bekämpfe, „weil sie selbst rassistisch ist“.
Der Bezirk war am Donnerstag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Die Sprecherin des Festivalbündnisses kündigte an, die Veranstalter würden sich „kreative Ideen überlegen“, wie sie trotz des Zeltverbots nach eigenen Vorstellungen feiern könnten SUM
Programm: festivalgegenrassismus.wordpress.com
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