: Nur die halbe Wahrheit
Kommentar
von Alke Wierth
Senator Czaja und die freiwilligen Helfer
Es ist ja ehrenwert, wenn Sozialsenator Mario Czaja (CDU) sich jetzt bei den freiwilligen HelferInnen bedankt, die seit Wochen die wartenden Flüchtlinge vor der Erstanlaufstelle für Asylsuchende in der Moabiter Turmstraße versorgen. Doch die Worte, in die der oberste Chef der für die Flüchtlingsunterbringung zuständigen Behörde sein Lob fasst, sind nur die halbe Wahrheit.
„Ohne sie hätten wir es nicht geschafft, die Unterbringung zu organisieren“, sagte Czaja am Dienstag auf der Pressekonferenz des Senats. Das ist wahr. Doch die ganze Wahrheit ist: Ohne den öffentlichen Druck, der durch die ehrenamtlichen HelferInnen entstanden ist, hätte der Senator es wohl gar nicht erst versucht.
Es begann im Winter
Denn hätte Czaja das gewollt, hätte er längst Gelegenheit dazu gehabt. Es war das heiße Wetter, das die Aufmerksamkeit der BerlinerInnen auf die tagelang vor der Behörde wartenden Menschen richtete. Und das war gut so. Doch auch schon im Winter, bei Temperaturen weit unter null Grad, warteten Menschen stunden- und tagelang draußen und vollkommen unversorgt vor dem Amt, das Czaja untersteht. Wenn der Senator das nicht wusste, macht er seinen Job nicht gut. Wenn er es wusste, aber nichts dagegen unternahm, auch.
Dass nun Bewegung in die Sache kommt, ist erfreulich. Dass aber der Senator, der die politische und organisatorische Verantwortung für die Versorgung von Flüchtlingen trägt, sich für öffentlichen Druck bedanken muss, der ihm hilft, Probleme zu lösen, die er selbst offenbar einfach ignoriert hat, ist schwach.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen