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Ach, sie suchen Streik?

AUSSTAND Bremens Kindertagesstätten werden wohl bald wieder bestreikt. Die Elternvertretung protestiert schon jetzt dagegen, während die neue Senatorin sich noch zurückhält

Die ErzieherInnen sollen zwar weiter kämpfen, aber nicht weiter streiken, sagt der Sprecher des Gesamtelternbeirats

Die Zeichen stehen wieder auf Streik in den bremischen Kindertagesstätten.

Zwar wird die Gewerkschaft Ver.di erst heute formell entscheiden —doch das Votum der Mitglieder am Samstag war eindeutig: Rund 70 Prozent sprachen sich gegen den Schlichterspruch von Ende Juni aus. Daraufhin hatte Ver.di-Chef Frank Bsirske neue Streiks angekündigt, falls die Arbeitgeber nicht kräftig nachlegen. Die nächste Verhandlungsrunde ist am Donnerstag, bis dahin herrscht Friedenspflicht.

Auch die Mitglieder der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) lehnten den Schlichterspruch mehrheitlich ab. Dieser hatte Gehaltserhöhungen zwischen zwei und 4,5 Prozent vorgeschlagen. Die Gewerkschaften indes hatten für die 240.000 Beschäftigten des kommunalen Sozial- und Erziehungsdienstes neue Eingruppierungen gefordert. Das sollte zu durchschnittlich zehn Prozent mehr Gehalt führen. Genaue Planungen für einen neuen Kita-Streik gebe es aber noch nicht, sagte die stellvertretende Ver.di-Bezirksgeschäftsführerin Kornelia Knieper.

Beim Gesamtelternbeirat (GEB) Bremen schwindet die Unterstützung für die ErzieherInnen allerdings schon jetzt: GEB-Sprecher Andreas Seele sprach sich zwar dafür aus, dass sie „weiter kämpfen“ –aber dagegen, dass sie „weiter streiken“. Mindestens 5,5 Prozent mehr Gehalt sollen sie kriegen, fordert Seele, und, ja, die Eltern würden die ErzieherInnen auch auf der Straße unterstützen –aber eben erst nach 15 Uhr. Bis dahin müssten die Kitas auf jeden Fall auf bleiben, fordert der GEB. „Die Kinder brauchen pädagogische Betreuung“, sagt Seele. Die Streiks hätten schon beim letzten Mal „unnötig lange“ gedauert. Ansonsten werfen sich GEB und Ver.di gegenseitig vor, zu wenig mit dem anderen zu reden.

Knieper verspricht unterdessen „unkonventionelle Streikmaßnahmen“ –und lehnt im übrigen die vom GEB geforderten Einschränkungen ab. „Es sei das gute Recht der Eltern, sauer zu sein“, so Knieper – die zugleich auf das Grundrecht zum Streik verweist. Und so ein Ausstand ist aus ihrer Sicht „das einzige Mittel“, die Forderungen der Gewerkschaften durchzusetzen. Und dass manche Arbeitgeber sagen, die Schlichtung gehe schon jetzt an ihre „Schmerzgrenze“, ficht Kniper nicht an: „Das sagen sie immer.“

Die zuständige Senatorin Claudia Bogedan (SPD) will sich derzeit noch nicht zu den drohenden Streiks äußern: „Wir warten ab“, lässt ihre Sprecherin ausrichten –und dass die Behörde keinen Einfluss auf die Tarifverhandlungen nehmen wolle.

Andere Kommunen sehen das anders: Der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund (NSGB) hat am Montag die Ablehnung des Schlichterspruchs durch die Gewerkschaften deutlich kritisiert. „Bei allem Verständnis für die wichtigen Aufgaben, die in den Kitas geleistet werden“, so der NSGB-­Geschäftsführer: Das Gehalt der ErzieherInnen sei, auch im Vergleich zu anderen öffentlichen Beschäftigten, „sehr ordentlich und muss über die Gebühren von den Eltern mitbezahlt werden“.

Das Einstiegsgehalt der ErzieherInnen in Bremen liegt bei 2.367 Euro. Je nach Tätigkeit und Berufserfahrung sind bis zu 3.289 Euro möglich. Wer eine Kita leitet, kann bis zu 4.749 Euro brutto im Monat verdienen –wenn sie 180 Plätze und entsprechend viele Beschäftigte hat. Jan Zier

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