: Till Schweiger will helfen
FLÜCHTLINGE Der Schauspieler und Regisseur plant, in Niedersachsen eine Kaserne zu einem „Vorzeige-Flüchtlingsheim“ umzubauen. Ob das klappen wird, ist aber noch offen
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Aus Göttingen Reimar Paul
Til Schweiger hat sein Herz für Flüchtlinge entdeckt. Um mit gutem Beispiel voranzugehen, will der Schauspieler und Regisseur in Niedersachsen eine vorbildliche Unterkunft für sie schaffen. „Ich werde mit Freunden zusammen ein Flüchtlingsheim aufbauen“, kündigte er in der Bild am Sonntag an. Auf dem Gelände einer alten Kaserne in Osterode sollen Freizeitangebote für Kinder entstehen, eine Sportanlage, Werkstätten und eine Näherei, damit die Menschen arbeiten könnten.
Die Kleinstadt im Harz ist seit Anfang 2015 als Standort für eine weitere Erstaufnahmeinrichtung für Flüchtlinge des Landes Niedersachsen im Gespräch. In der ehemaligen Rommel-Kaserne, in der bis 2004 ein Panzergrenadierbataillon stationiert war, sollen bis zu 700 Asylbewerber untergebracht werden. Nachdem zunächst ein Investor die Immobilie erworben hatte, dann aber pleitegegangen war, kaufte 2014 der Verwaltungsdienstleister Princess of Finkenwerder das Gelände.
Noch Anfang März hatten sowohl das Land als auch die Stadt Osterode bei einer Bürgerversammlung den Eindruck vermittelt, die Einrichtung des Flüchtlingsheims stehe kurz bevor. Der Eigentümer Princess of Finkenwerder sollte auch Betreiber werden. Doch dann gerieten die Verhandlungen ins Stocken. Zunächst äußerten eine Bürgerinitiative und die evangelische Kirche Bedenken, weil die Firma keine Erfahrung mit der Leitung von Flüchtlingsunterkünften habe. Der Osteroder Linkspartei-Kreistagsabgeordnete Frank Kosching verweist darauf, dass die anderen Erstaufnahmelager vom Land selbst oder von erfahrenen Organisationen wie der Diakonie geleitet würden.
Princess of Finkenwerder versteht sich als „Spezialist für Kasernen und Konversionsflächen“, war aber auch in den Geschäftsfeldern Akteneinlagerung und Betrieb von IT-Serverfarmen tätig. Geschäftsführer Wolfgang Koch ist mit Schweiger gut bekannt: „Wir sind in der Tat befreundet“, sagte er der taz. Schweiger werde die Flüchtlingsunterkunft zwar nicht persönlich einrichten und betreiben, so Koch, ihren Aufbau aber nach Kräften fördern.
Bei der erwähnten Bürgerversammlung stellte Koch auch einen weiteren „Partner“ vor – den Hamburger Unternehmer Jan Karras. Der sei unter anderem für den Personenschutz von Til Schweiger zuständig, sagte Koch damals. Im Internet bot Karras’ Firma Greenzone Consulting auch die Vermittlung von Söldnern für Einsätze in Konfliktgebieten an. Es könnten „bis zu ca. 600 internationale Einsatzkräfte bereitgestellt werden“.
Unklar bleibt, ob es überhaupt eine Erstaufnahmeeinrichtung in Osterode geben wird. Während Koch erklärte, alles sei vor wenigen Tagen „unter Dach und Fach“ gebracht worden, sagte ein Ministeriumssprecher, es gebe nach wie vor keine Entscheidung. Das gelte grundsätzlich für den Standort Osterode wie auch für die Frage, ob Princess of Finkenwerder das Wohnheim betreiben werde. Nach Kenntnis des Kommunalpolitikers Kosching hat das Unternehmen bislang noch nicht einmal einen Bauantrag eingereicht.
Schweiger hatte sich zuletzt entsetzt über fremdenfeindliche Äußerungen auf seiner Facebookseite gezeigt.
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