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Schnupper-Studium für Flüchtlinge

MIGRATION An immer mehr Hochschulen können Flüchtlinge durch ein Schnupperstudium am Uni-Alltag teilnehmen. Niedersachsen will ihnen den Zugang zum regulären Studium erleichtern

Junge Flüchtlinge werden im neuen Hörsaal der Universität Hildesheim von einer Studentenberaterin über die Studienmöglichkeiten informiert  Foto: dpa

von Jördis Früchtenicht

Viele Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, haben in ihren Herkunftsländern einen Hochschulzugang erworben oder dort auch bereits mit dem Studium begonnen – bis sie fliehen mussten. Um ihnen den Zugang zum deutschen Bildungssystem zu erleichtern, bieten immer mehr Hochschulen Gasthörerschaften oder ein Schnupperstudium an.

An der Universität Bremen etwa gibt es das Programm „In Touch“, das Flüchtlingen unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus ein Schnupperstudium ermöglicht. So sollen sie sich mit dem Uni-Alltag in Deutschland vertraut machen. Das seit dem Sommersemester 2014 bestehende Projekt wird zum Wintersemester auch auf die Hochschule für Künste sowie die Hochschule Bremen ausgeweitet.

Um an „In Touch“ teilnehmen zu können, müssen die InteressentInnen schon einmal an einer Hochschule immatrikuliert gewesen sein und gute Deutsch- oder Englischkenntnisse vorweisen.

„Dafür wird kein Test verlangt, stattdessen sprechen wir mit jedem einzelnen“, so Jens Kemper vom International Office der Uni. Finanziert wird das Programm durch Sponsorengelder und durch „die Mehrarbeit, etwa von Dozenten“, sagt Kemper. Schon für die regelmäßige Teilnahme wird den Flüchtlingen ein Zertifikat ausgestellt, aber einige schreiben auch Hausarbeiten – obwohl diese bei einem späteren Studium nicht angerechnet werden können. Nach der oft traumatischen Flucht sei das Zertifikat eine wichtige Bestätigung, meint Kemper.

Allerdings sei es unrealistisch, dass alle Teilnehmenden diese Bescheinigung bekommen. „Die Flüchtlinge leben in einer labilen Situation, es kommt schnell etwas dazwischen“, etwa eine posttraumatische Belastungsstörung oder Familienzusammenführungen.

Als Ergänzung zu „In Touch“ ist laut Christina Selzer, Sprecherin der Bremer Wissenschaftssenatorin, die Einrichtung eines Hochschulbüros für Flüchtlinge geplant. Das Büro solle unter anderem Lösungen finden, um Flüchtlingen ohne Papiere eine formale Hochschulzugangsberechtigung auszustellen.

In Hamburg will die Behörde für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung im August Gespräche mit den Hochschulen führen, um Flüchtlingen den Weg ins Studium zu erleichtern. Die Hochschulen, so eine Behördensprecherin, wüssten am besten, was sie leisten können, und hätten bereits Ideen.

Die Uni Hamburg will beispielsweise Sprachkurse für Flüchtlinge zur Vorbereitung auf ein Studium anbieten. Es sollen Zertifikate vergeben werden, die nach einer Immatrikulation von den Teilnehmenden in Credit Points eingetauscht werden können. So würde der Sprachkurs zu einem späteren Zeitpunkt als Studienleistung anerkannt.

Bereits im Juni haben das niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) und die Hochschulen des Landes gemeinsam Maßnahmen auf den Weg gebracht, die Flüchtlingen den Zugang zum Studium erleichtern sollen.

So hat beispielsweise die Uni Hildesheim im Sommersemester erstmals Flüchtlinge in Lehrveranstaltungen aufgenommen. Als Gasthörer können sie sich beraten lassen sowie Vorlesungen und Seminare besuchen.

Unter anderem soll in Niedersachsen denjenigen, die keine Zeugnisse vorlegen können, ein schnellerer Zugang zum Studium ermöglicht werden. Dazu müssten sie ausreichende Deutschkenntnisse vorweisen und zudem einen Aufnahmetest am Studienkolleg überdurchschnittlich gut bestehen. Darüber hinaus begannen diesen Monat fünf Pilotprojekte zur Sprachvermittlung, die vom MWK mit 350.000 Euro gefördert werden.

Die Deutschkurse stehen allen Flüchtlingen ab dem 18. Lebensjahr offen, die studieren möchten. Auch wird das Stipendienprogramm des Landes für leistungsstarke Flüchtlinge geöffnet.

Eine konkrete Umsetzung des Ziels des Landes, Flüchtlingen bei der Aufnahme oder Weiterführung eines Studiums zu helfen, gibt es ab September an der Hochschule Emden/Leer. Dort startet mit einem kostenfreien Schnupperstudium ein ähnliches Projekt wie in Bremen.

Zu Beginn können die Flüchtlinge an einem Deutschintensivkurs teilnehmen. „Die Sprache ist die größte Hürde“, so Andrea Meinen von der Hochschule Emden/Leer. Ziel sei es, Deutsch für alltägliche Situationen zu vermitteln. Zur Unterstützung der Flüchtlinge im Uni-Leben haben sich außerdem 15 Studierende gefunden, die die 30 Teilnehmenden ehrenamtlich betreuen.

Sigmar Walbrecht vom Flüchtlingsrat Niedersachsen hält ein Schnupperstudium für sinnvoll: „So wird Kontakt zur Uni hergestellt und das Thema wird auf die Tagesordnung gebracht.“ Insgesamt sieht er dennoch Verbesserungsbedarf. Die Barrieren für den Studienbeginn seien weiterhin hoch.

Neben Sprachnachweis und Zeugnissen gebe es auch rechtliche Hürden, etwa Wohnsitz­auflagen. Dadurch sei die Wahl des Studienortes sehr eingeschränkt. Auch die Finanzierung sei schwierig – theoretisch gebe es zwar Bafög, in der Praxis erhielten Flüchtlinge es aber fast nie. Das Zugangsproblem für Flüchtlinge hätte man früher angehen können, meint Walbrecht.

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