LeserInnenbriefe
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Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von Leserbriefen vor.

Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Thailand früher demokratischer

betr.: „Land des gefrorenen Lächelns“, taz vom 28. 7. 15

Sven Hansens an sich lesenswerter Artikel über Thailand birgt meines Erachtens zwei, drei nicht unwesentliche kritische Punkte in sich.

Warum wird Thaksin in jedem Satz, in dem er erwähnt wird, mit negativen Attributen wie neureich, populistisch, nicht wirklich demokratisch versehen? Warum wird seiner Schwester Yingluck keine politische Eigenständigkeit zugeschrieben? Seltsamerweise macht sich Hansen an diesen Stellen die Propaganda jener Elite zu eigen, die er zugleich und völlig berechtigt kritisiert.

War Thailand unter Thaksin und Yingluck Shinawatra nicht viel demokratischer als in all den Jahren davor und erst recht als heute? Dass sich Thaksin der vernachlässigten ländlichen Schichten aus dem armen Norden und Nordosten annahm und mehr als einmal von diesen wider alle Propaganda demokratisch gewählt wurde, sollte man im Allgemeinen anerkennen und im Besonderen, wenn man die fehlende Demokratie bemängelt.

Und zu guter Letzt würde mich interessieren, wie die diffuse Aufforderung aussehen soll, dass Millionen von Touristen zeigen sollen, dass sie die Militärherrschaft nicht billigen?!

Ich würde jedem Touristen vor Ort eher davon abraten, sich politisch gegenüber einer Militärjunta in irgendeiner Form zu äußern. Name ist der Redaktion bekannt

Die Welt ist aus den Fugen

betr.: „Erdoğans verlogenes Spiel“, taz vom 29. 7. 15

Die Welt scheint aus den Fugen zu geraten. Die Türkei fliegt Einsätze in Syrien gegen PKK-Stellungen, und das Militär sowie die Polizei gehen im eigenen Land massiv gegen Kurden und Linke vor. Im Süden Jemens verlieren Menschen durch Luftangriffe Saudi-Arabiens ihr Leben oder werden verletzt. Die Politik setzt auf militärische Gewalt als Ultima ratio. Unter dem Vorwand der Terrorbekämpfung wird um die Durchsetzung von Machtinteressen und Einflusssphären mit allen Mitteln gekämpft, auch um den Preis von Menschenleben.

Es bedarf rascher und deutlicher friedenspolitischer Bekundungen sowie wirkungsvoller Maßnahmen seitens der USA, der EU und der Bundesregierung, um nicht nur hier die staatlich verordnete Gewalt zu beenden. Die politische, ökonomische und militärische Partnerschaft mit der Türkei und Saudi-Arabien muss seitens der Nato einer ernsten Revision unterzogen werden. Eine bloße Kritik an Ankara vor dem Nato-Gipfeltreffen, reicht da nicht! Die Regierung muss auch sofort die Bundeswehreinheiten mit dem Raketensystem „Patriot“ aus der Türkei zurückziehen! RAIMON BRETE, Chemnitz

Das Ruhrgebiet vergessen

betr.: „Lass ma’ zum Späti gehen“, taz vom 30. 7. 15

Halloo? Ein Bericht über Büdchen, Spätis, Lädle (18 in Stuttgart!) ohne die „SeltersbudenKultur“ des Ruhrgebiets!? 18.000 Buden gibt es im Ruhrgebiet. Über das Öffnungszeitengesetz bin ich nicht so informiert, aber bei uns gibt es Buden, die sogar unter Denkmalschutz stehen. Sie sind ein nicht wegzudenkender Teil unserer Ruhrgebietskultur- und -identität. Der taz ist das anscheinend nicht erwähnenswert. Sorry, aber da macht sich als taz-Ruhrgebietsleserin mal wieder Enttäuschung breit!

INGRID SCHMECHEL, Dortmund

Öffentliche Einlullungsvehikel

betr.: „ARD: Boulevard“, taz vom 28. 7. 15

Zu dieser Randnotiz über eine oft gefühlte, jetzt belegte Degeneration der Dritten Programme von „Ecksteinen der Demokratie“ (US-Supreme Court zur Bedeutung der Informations- und Pressefreiheit) mit eindeutig klaren gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Informations- und Bildungsaufträgen zu unpolitischen Ablenkungs- und Einlullungsvehikeln erwarte ich eine ausführliche Berichterstattung und Kommentierung, einschließlich Interviews mit Intendanten, Rundfunk- und Verwaltungsräten von NDR, WDR und rbb, um nur die für Norddeutschland wichtigsten zu nennen.

Aufschlussreich wären sicher auch Aussagen ehemaliger oder aktiver Verfassungsrichter wie von Professor Dr. Grimme, dem „Vater“ des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung (Berichterstatter des „Volkszählungsurteils aus 1983).

INGOLF SPICKSCHEN, Salzgitter

Verantwortung übernehmen

betr.: „Flüchtlinge am Eurotunnel: Eine völlig perverse Politik“, taz.de vom 29. 7. 15

Warum sollen diejenigen, die im Dreck geboren wurden, nicht die gleichen Möglichkeiten bekommen, wie diejenigen, die in einem reichen Land geboren wurden? Im Sport wären solche Regeln undenkbar.

Wer sich wirtschaftlich als Global Player aufspielt, muss auch soziale Verantwortung übernehmen. Man kann sich nicht nur die Rosinen herauspicken. JOSEPH TANNHUBER, taz.de