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Polizist wegen Erschießung eines Schwarzen angeklagt

USA Innerhalb von nur zwei Sekunden schießt der Polizist dem schwarzen Autofahrer in den Kopf

„Ich habe nichts getan“

Samuel DuBoseS LETZTE WORTE

AUS NEW YORK Dorothea Hahn

„Idiotisch“, „sinnlos“ und „schrecklich“. So bezeichnet der Staatsanwalt in Cincinnati, Joe Deters, den Akt des Polizisten Ray Tensing. Am Mittwoch dieser Woche erhob die Grand Jury in Cincinnati Anklage wegen Mordes. Der Staatsanwalt sprach von „vorsätzlicher Tötung.“ Dem Polizisten droht im Falle einer Verurteilung lebenslänglich.

Der weiße Polizist Ray Tensing (25) hatte am 19. Juli den schwarzen Autofahrer Samuel DuBose angehalten. Nur zwei Minuten später war der unbewaffnete 43-jährige Afroamerikaner tot. Der Polizist hatte ihn mit einem einzigen Schuss aus unmittelbarer Nähe in den Kopf geschossen.

DuBose letzte Worte waren: „Ich habe nichts getan.“ Anschließend drehte er den Schlüssel im Zündschluss um. Ohne weitere Warnung schoss Tensing auf ihn. Dubose war sofort tot. Nachdem er im Fahrersitz zusammengesackt war, rollte sein Wagen auf die andere Straßenseite, wo er vor einem Mast zum Stehen kam.

Das Video, das die Körperkamera des Polizisten gefilmt hat, zeigt nicht nur die unerklärliche Eskalation im Verhalten des Polizisten, sondern auch, wie er unmittelbar nach dem tödlichen Schuss, seine eigene lügnerische Verteidigung aufbaute. Es zeigt auch, dass zwei weitere Polizisten, die am Tatort waren, zugunsten ihres Kollegen gelogen haben.

Ob sie dafür juristisch verfolgt werden, ist bislang nicht klar. Polizist Tensing hatte sofort nach seinem Schuss behauptet, seine Hand und sein Arm hätten sich im Inneren von Duboses Auto befunden. Der Autofahrer habe ihn „mitgeschleift“. Aus Angst vor einer Verletzung habe er daher geschossen. Zwei seiner Kollegen bestätigten das.

Das Video erzählt eine andere Geschichte. Darin sagt der Polizist dem Autofahrer, dass er vorne kein Kennzeichen hat. Der Autofahrer entgegnet, dass das kein Vergehen sei. Dann lässt sich der Polizist eine verschlossene Flasche Gin geben, die er im Wageninneren gesehen hat. Der Autofahrer kooperiert zu jedem Zeitpunkt der Kontrolle. Anschließend verlangt der Polizist den Führerschein. Der Autofahrer sucht zunächst und sagt dann, dass er den Führerschein möglicherweise nicht dabei habe. Und er bittet den Polizisten darum, seinen Namen im Computer zu suchen. Darauf unterstellt ihm der Polizist, er habe keinen Führerschein und wolle etwas verstecken.

In den zehn Tagen seit dem Tod von Samuel DuBose sind in den USA weitere 27 Personen von Polizisten getötet worden. Nach einer Statistik des Guardian beläuft sich die Gesamtzahl der Opfer von tödlicher Polizeigewalt in diesem Jahr auf 664 Menschen. Nach einer Statistik der US-Gruppe „Killed by Police“ waren es bis Donnerstag dieser Woche sogar 671 Tote. Eine offizielle Statistik, die diese Todesopfer erfasst, gibt es nicht. Das FBI führt lediglich eine Statistik, die auf freiwilligen Angaben der Polizei basiert und niedriger ausfällt.

Der Tod von DuBose hatte umgehend Proteste der Gruppe Black Lives Matter ausgelöst. Nach der Entscheidung dankte die Mutter des Toten der Grand Jury und sprach von ihrem Glauben an Gott. Sie sagte auch, dass sie bereit sei, dem Polizisten zu vergeben. Der Verteidiger des Polizisten nannte seinen Mandanten ein „Opfer des gegenwärtigen politischen Klimas“.

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