Chaotischer Kreativer: Der hinter den Kulissen

Filmemacher, Produzent, Verleger: Der Hamburger Klaus Maeck macht Musikkarrieren und Filme möglich, obwohl er selbst nie Musik gemacht hat.

„Früh gelernt, selbstständig zu arbeiten“: Für manches Projekt zahlte Klaus Maeck Lehrgeld Foto: Fritz Brinckmann

Es gibt ein Foto, das Klaus Maeck zeigt: in seinem Laden „Rip Off“, der als erster Punk-Plattenladen mindestens Hamburgs gilt. Zu sehen ist es zurzeit in der Ausstellung mit dem gut gewählten Titel „Geniale Dilletanten“, in München (taz berichtete). Würde er sich diesen Schuh heute noch anziehen? „Abgesehen vom Genial passt das total“, sagt Maeck. „Ich habe nix gelernt, habe die Schule abgebrochen und sehr früh gelernt, selbstständig zu arbeiten. Das tut mir bis heute gut!“

So ging auch der Plattenladen 1983 pleite, unter anderem, so Maeck, weil „wir nie an Steuern gedacht haben. Jeder bekam seine zehn Mark für die Stunde auf die Hand und als dann das Finanzamt kam, waren alle und das Geld weg.“ Maeck zahlte mit einem Offenbarungseid teures Lehrgeld und zog für ein paar Jahre nach Berlin, wo er wiederum rasch Teil der dortigen Subkultur wurde: als Manager der Einstürzenden Neubauten und Mitgründer des Musikverlags Freibank. Jenen Jahren in der Mauerstadt widmet sich neben der genannten Ausstellung (oder auch Wolfgang Müllers erfolgreichem Buch „Subkultur Westberin“) auch Maecks Film „B-Movie, Lust & Sound in West Berlin“, der auf der diesjährigen Berlinale Premiere feierte und dieser Tage noch in einigen Kinos im Norden zu sehen ist.

Chaotische Arbeitsweise

Noch in Hamburg hatte der 1954 geborene Maeck aber auch schon kleine Super-8-Filme gedreht und das Drehbuch geschrieben für den Spielfilm „Decoder“, den dann ein Punkkollektiv realisierte. Dieser war damals auch eher dilettantisch produziert. So wurde etwa erst am ersten Drehtag entschieden, dass der Filmkünstler Muscha die Regie führen sollte. Diese Herstellungsweise sieht man dem Film deutlich an, und heute macht gerade dies ihn als Zeitdokument so interessant.

Maeck prägte diese Erfahrung wohl mehr als alle anderen Beteiligten: Zum einen, weil er hier erste Erfolge im Filmmetier feiern konnte, denn es war sein erstes Drehbuch – und es war immerhin gleich gefördert worden. „Aber das 2. und das 3. wurden dann nicht mehr gefördert“, erzählt Maeck, „und nachdem ich an einem Autorenseminar teilnahm, wurde mir klar, dass ich nicht die nächsten Jahre Drehbücher für Vorabendserien schreiben wollte.“ Was noch deutlich wurde: Maeck konnte sehr gut im Team arbeiten und hatte nicht den Ehrgeiz, unbedingt die erste Geige zu spielen. Und von diesem Anfang an interessierte ihn die Verbindung von Film und Musik, durch die sich, wenn alles passt „Magie entfalten kann“.

Maeck sagt von sich, er selber haben nie selbst Musik gemacht und ebenso selten Regie geführt. Dabei stehen in seiner Filmografie zumindest drei Regiearbeiten: 1991 drehte er demnach den Dokumentarfilm „William S.Burroughs: Commissioner of Sewers“, 1993 die Dokumentation „Liebeslieder. Einstürzende Neubauten“ – aber eben mit der Co-Regisseurin Johanna Schenkel; und bei „B-Movie“ wird er nun wiederum als einer von gleich drei Regisseuren genannt. Auch hier zeigt er sich also wieder als Teamplayer: „Ich will Filme machen, muss aber dabei nicht das Sagen haben“, betont Maeck beim Gespräch im Hamburger Abaton-Kino, wo er vergangenen Montag für eine „B-Movie“-Sondervorstellung zu Gast war.

Sowohl bei der Musik wie auch beim Film ist er also eher ein Ermöglicher als ein Schöpfer. Für die Musik habe er „im Laden und Vertrieb, als Veranstalter, Manager und Chronist“ gearbeitet, sagt er. Für das Kino ist er Drehbuchschreiber, Produzent und auch mal Darsteller – er hatte einen Auftritt in der von ihm selbst mitproduzierten Musik-Mockumentary „Fraktus“ – und, in einer wie für ihn geschaffenen Synthese, Musikberater. Damit ist er wohl einer der wenigen, die diese Seite des Filmgeschäfts von beiden Seiten kennen. Bei Freibank war er auch dafür zuständig, sich um die Zweitverwertung der Musik zu kümmern und ihren Einsatz in Filmen – oder „für viel Geld in der Werbung“, so Maeck – zu erlösen.

Manchmal war er Käufer und Verkäufer in Personalunion. Dem Regisseur Fatih Akin wollte er erst Musik verkaufen, dann machte er für dessen Spielfilm „Gegen die Wand“ die Musik-Beratung, und danach gründeten beide gemeinsam die Produktionsfirma „Corazón International“. „Fatih ist 100 Prozent Künstler“, sagt Maeck, „und kein Kaufmann.“ Als Regisseur und Produzent waren die beiden bis „Soul Kitchen“ ein sehr erfolgreiches Team, dann trennten sich ihre Wege, und Maeck gründete die Produktionsfirma „Interzone Pictures“, deren erster Output nun „B-Movie“ ist.

Typen, die alle und jeden kennen

Und auf eine leicht verquere Weise ist es für Maeck ein autobiografischer Film, dabei ist der Brite Mark Reeder, der sich in den 80er-Jahren durch das Berliner Szeneleben treiben ließ und als Protagonist auftritt: Ganz so wie Maeck ließ auch Reeder zu Hause in Manchester einen Plattenladen zurück. Und wie jener wurde auch Reeder, Jahrgang 1958, schnell Teil der Berliner Musiker- und Künstlerszene; beide standen nicht im Mittelpunkt, kannten aber alle und jeden. Und weil Reeder quasi pausenlos Filme machte oder in ihnen auftrat und später sogar eine Sendung für das britische Fernsehen verantwortete, gibt es eine Unmenge von Aufnahmen, in denen er neben Blixa Bargeld, den Toten Hosen, den Ärzten, Nick Cave und dem wahren Heino zu sehen ist.

Erst relativ spät kam Maeck zu den anderen beiden Regisseuren Jörg A. Hoppe und Heiko Lange, um ein Drehbuch zu diesen weitgehend schon existierenden Bildern und Tönen zu schreiben. Er kümmerte sich auch um die Finanzierung, und dass er sich auch mit der Musikberatung befasste, war schon deshalb zwingend, weil sein Verlag die „heute auch nicht mehr billigen“ Rechte an den Aufnahmen der Einstürzenden Neubauten hält. Und schließlich wurde Maeck dann auch noch zum ersten Mal in seinem Leben sein eigener Verleiher. So läuft der Film seit Mai vor allem in Berlin, aber auch mancherorts in der Provinz in den Kinos und ist einer der ansonsten in der Branche kaum noch existierenden „long runner“: Inzwischen hatte er mehr als 30.000 Zuschauer.

Auch in Hamburg füllten jetzt gut 200 Besucher den größten Saal des Abaton-Kinos. Am 7. September werden Maeck und „B-Movie“ noch einmal dort gastieren; kommende Woche hat der Film seine Bremer Erstaufführung: Ab 6. August zeigt ihn das Kommunalkino City 46.

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