piwik no script img

„Mit klarer Position“

GESPRÄCH Zwischen Faszination und Angst: gerade jetzt den Dialog mit dem Islam suchen

Axel Matyba

54, unterrichtete in Kairo muslimische Schüler. Beauftragter der Nordkirche für christlich-muslimischen Dialog.

taz: Was überwiegt in den Gemeinden – Angst oder Faszination gegenüber dem Islam, Herr Matyba?

Axel Matyba:Es gibt nicht die christlichen Gemeinden, Sie haben immer eine Mischung aus beiden Gefühlen.

In letzter Zeit hat man das Gefühl, dass die Angst die Überhand gewonnen hat.

Das hat mit der medialen Wahrnehmung zu tun: Boko Haram oder der Islamische Staat werden verkürzt gleichgesetzt mit dem Islam, bei dem die weit überwiegende Mehrheit ihre Religion friedlich praktizieren will.

Spielt für die Christen das Gefühl eine Rolle, auf dem Rückzug zu sein, während der Islam prosperiert?

Es mag ein Aspekt sein, dass man sich selbst verunsichert fühlt. Und sich im besten Fall daraufhin wieder stärker mit der eigenen Identität beschäftigt und zugleich multireligiöses Leben bejaht.

Ist solch eine Offenheit bildungs- oder altersabhängig?

Ich habe wunderbare Beispiele durch alle Bevölkerungsschichten hindurch. Was ich immer wieder feststelle, ist, dass bei denen, die die geringsten Begegnungsmöglichkeiten mit Muslimen haben, oder sie nicht nutzen, die Bedenken am größten sind.

Und woher rührt die Faszination?

Christen, die Muslime im Gebet in den Moscheen erleben, sind fasziniert von der tiefen Frömmigkeit, die sie dort spüren. Und jetzt im Ramadan imponiert ihnen, dass die Muslime fasten.

Was sind für Sie die guten Begegnungen?

Wenn sich gerade junge Menschen oder Kinder auf Augenhöhe begegnen und sich ehrlich miteinander austauschen, auch ehrlich die Probleme benennen, die man miteinander hat oder zu haben glaubt.

Oft wird kritisiert, dass in den Gesprächen die kritischen Punkte nicht zur Sprache kommen.

Die Kritik kenne ich – meist von Leuten, die nie daran teilgenommen haben. Ich selbst mache da eine andere Erfahrung. Ohne klare Positionierung kein echter Dialog.

Wie groß ist das Interesse auf muslimischer Seite?

Ich spüre da das ganze Spektrum wie auf christlicher Seite. Es gibt bei beiden Leute, die kein Interesse am Dialog haben. Das ist legitim – aber dann sollte man sich auch mit dem Urteil zurückhalten. INTERVIEW: GRÄ

Islam: Zwischen Angst und Faszination. Mit Pastor Axel Matyba. 19.30 Uhr Festsaal Kreuzkirche Wandsbek.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen