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Kein Herz für Whistleblower

WDR Bei Twitter werden Interna zur Hörfunkreform verbreitet. Der Sender spricht von „Illoyalität“

Der WDR hat gewiss ein Herz für Whistleblower: Gern greifen die Investigativspezialisten des Hauses auf deren Dokumente zurück, wenn sie gemeinsam mit den Rechercheverbundskollegen von SZ und NDR den Kampf gegen das Böse aufnehmen. Veröffentlichen Whistleblower aus dem eigenen Haus interne Dokumente, geißelt der Sender aber deren „Illoyalität“.

Seit wenigen Tagen existiert bei Twitter der Account @wdr_leaks, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, Details zur geplanten Reform des WDR-Hörfunks publik zu machen. Unter anderem geht es um den Plan, künftig nur noch eine kurze Nachrichtensendung für die fünf Hörfunkwellen zu produzieren.

@wdr_leaks hat etwa 14 Folien einer internen Programmkonferenz vom 25. Juni gepostet. Valerie Weber, WDR-Hörfunkdirektorin, hat mit dem kuriosen Vorwurf reagiert, der Account verletze das „geistige Eigentum“ von WDR-Mitarbeitern. Inhaltlich ist etwa strittig, ob die Änderungen schon beschlossen sind (wie die Leaker sagen) oder nicht (wie der WDR behauptet). Auf eine Anfrage nach der Größe der Leaker-Truppe antwortet diese: „Dazu möchten wir keine Auskunft geben, um uns zu schützen. Das ist alles sehr riskant, was wir hier machen.“ Der Ton ihrer Tweets changiert zwischen Pathos und Ruppigkeit. „Die Dame“ – gemeint ist Weber – blocke „alles ab“. Und: „Auf Journalismus scheißt sie.“

Der Account sei auch ein Ausdruck des „Gefühls der Ohnmacht“, so die Leaker. Diese „Ohnmacht“ zu artikulieren ist durchaus anerkennenswert, weil es für die Öffentlichkeit von Interesse ist zu wissen, wie es bestellt es um die Gesprächskultur im WDR.

Am Donnerstag verkündet @wdr_leaks überraschend: „Das war’s. Das Ziel ist erreicht“. Nach einem Tag habe man genug Aufmerksamkeit erzeugt. Am Samstag soll der Account gelöscht werden. Doch die nächsten stehen schon bereit, ebenfalls seit gestern gibt es den Account @ARDleaks.

René Martens

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