Umwelt: Giftalarm im Rhododendronpark

Der Rhododendronpark wird bis Freitag geschlossen: schädliche Netzwanzen haben die Pflanzen befallen, nun soll flächendeckend Gift verspritzt werden.

Soll zum Giftspritzen geschlossen werden: Der Rhododendronpark. Foto: dpa

Fast der gesamte Rhododendron-Park in Horn-Lehe wird ab heute Nachmittag bis Freitag gesperrt. Schuld ist ein starker Schädlingsbefall durch die Andromeda-Netzwanze. Die Parkleitung will mit einer „umfangreichen Pflanzenschutzmaßnahme“ eingreifen. Der Naturschutzbund „Nabu“ ist empört.

„Eine Sperrung des Parks wirkt zwar ungewöhnlich“, sagt Hartwig Schepker, wissenschaftlicher Leiter des Parks, „aber andere Parkanlagen werden morgens auf- und abends abgeschlossen. Vielleicht bemerken in solchen Fällen die Anwohner eine solche Maßnahme gar nicht“. Dass die Lavendelheide durch die Netzwanze befallen ist, sei seit 2002 bekannt, in den letzten Jahren habe sich die Wanze aber auf Rhododendron- und Azaleengewächse ausgebreitet. „Der Befall ist bestandsgefährdend“, so Schepker. Der Schädling soll nun mit einem neuen Mittel namens Mospilan flächendeckend bekämpft werden: 16 Hektar des 46 Hektar großen Parks sollen mit einer Motorspritze behandelt werden. Mospilan enthält Acetamiprid, das sich laut der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit „unter Umständen auf das in Entwicklung begriffene menschliche Nervensystem auswirken“ kann.

Für umliegende Wohngebiete bestehe laut Schepker aber keine Gefahr: „Ein Wirkstoff, der das Grundwasser oder die Umgebung gefährden könnte, würde gar nicht zugelassen“, erklärt er, „bei Regen oder starkem Wind werden wir den Wirkstoff nicht anwenden.“ Mospilan sei ein „systemisches Insektizid“, das von der Pflanze aufgenommen werde. Weil es sich bei der Netzwanze um ein stechendes Insekt handelt, das die Blattzellen aussaugt, treffe es speziell diesen Schädling. Schepker sagte, laut Pflanzenschutzrichtlinie sei das Mittel „für das Ökosystem im Park unbedenklich. Eine Fliege, die lediglich auf dem Blatt läuft, ist nicht betroffen.“ Entscheidend sei, dass das Mittel nicht gefährlich für Bienen ist.

„Eine Sauerei“, nennt Nabu-Geschäftsführer Sönke Hofmann die Maßnahme: „Dieser Park soll der Erholung dienen – aber wie ist das in solch einem Chemiepark möglich? Mitten in der Stadt werden großflächig chemikalische Gifte gespritzt, und das ohne sich vorher mit den Umweltverbänden abzusprechen.“

Andromeda-Netzwanzen stammen aus Japan und haben deswegen keine natürlichen Feinde in Europa

Seit den 1990er-Jahren befinden sie sich in Europa, in Deutschland wurden sie das erste Mal Anfang der 2000er-Jahre gesichtet

Hauptwirte der Andromeda-Netzwanze sind Lavendelheide und Rhododendron, dabei saugen sie einzelne Blattzellen aus. Vor allem anfänglich ist der Befall deswegen schwer zu erkennen.

Etwas vorsichtiger äußert sich der Biologe Jörn Hildebrandt vom BUND. Auch er hält chemische Mittel für eine schlechte Lösung. Bei der Andromeda-Netzwanze handele es sich allerdings um eine eingeschleppte Art, die sich ohne natürliche Feinde schnell verbreite. Er hält es durchaus für möglich, dass bei dem Einsatz von Chemikalien auch andere Tiere getötet werden könnten.

Schepker hingegen erklärt, dass der Rhododendron-Park ein massives Problem habe, weil Rhododendren und Lavendelheide die Hauptwirte der Netzwanze sind. Man habe daher eine Sondergenehmigung für den Einsatz von Mospilan erhalten.

Die sei in diesem Fall auch nötig, so Gesundheitsressortsprecher Jens Schmidt; immer dann nämlich, wenn es sich um „Pflanzenschutzmittel mit etwas höherer Intensität“ handele. Der Einsatz des Mittels folge einer Abwägung. „Derzeit sind keine alternativen Bekämpfungsmethoden bekannt, die ein geringeres Risiko tragen“, so Schmidt. Zukünftig sollen neuere Verfahren angewendet werden, die bislang noch nicht erprobt worden seien. Schmidt sieht keine Notwendigkeit darin, diese Maßnahme mit BUND oder NABU zu besprechen, der Einsatz sei „ein ganz normaler Vorgang“.

2012 wurde bereits ein Versuch unternommen, den Schädling explizit in der Lavendelheide zu bekämpfen. Auch dafür wurden Teile des Parks geschlossen. Dass dabei Probleme auftraten, ist nicht bekannt – damals wurde aber ein anderer Wirkstoff verwendet.

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