: Opposition greift zum "schärfsten Schwert"
FRIESENHOF Nach Einsicht in die Akten wollen CDU, FDP und Piraten einen Untersuchungs-ausschuss einsetzen. Die Aktenführung sei katastrophal, die Heimpolitik gehöre auf Prüfstand. Sozialministerin Alheit (SPD) will von alldem nicht gewusst haben
Die Friesenhof-Affäre wird die Regierung in Schleswig-Holstein wohl bis zur nächsten Wahl in 2017 unter Dampf halten. Die Oppositionsparteien CDU, FDP und Piraten kündigten gestern an, nach der Sommerpause einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zu den Vorgängen um das Mädchenheim beantragen zu wollen. Es sei das „schärfste Schwert des Parlaments“, sagte FDP-Chef Wolfgang Kubicki.
Ein solcher Ausschuss kann Zeugen vorladen und Unterlagen beschlagnahmen. Das scheint den Oppositionspolitikern nötig, nachdem sie einen ersten Blick in die nur in Kopie vorliegenden Akten warfen. Akten in einer „derart desaströsen Qualität“ habe er noch nie gesehen, sagte Wolfgang Dudda von den Piraten. Man habe sieben Bände erhalten, die extra für die Vorlage zusammengestellt worden sind.
Es fehlten die üblichen Laufzettel, aus denen hervorgeht, wer einen Vermerk gesehen und abgezeichnet hat, so CDU-Fraktionschef Daniel Günther. „Je dichter an der Ministeriumsspitze, desto schlampiger ist die Aktenführung“. Dies sei „ein Grund“, weshalb beim Friesenhof viel zu spät eingegriffen wurde. In den Akten seien „erhebliche Verstöße“ von Sachbearbeitern vermerkt worden, „Sachen, die man aufklären muss“. „Wir machen uns große Sorgen, wie die Zustände in anderen Einrichtungen sein können“, ergänzte Torge Schmidt von den Piraten. Man habe „kein Vertrauen mehr ins Ministerium“.
Sozialministerin Kristin Alheit (SPD) beharrt darauf, sie sei vom Fall Friesenhof nicht vor Mai 2015 informiert worden. Die Opposition nimmt ihr das aber nicht ab. „Wir haben Momentan keinen Beweis dafür“, sagt Kubicki. Aber er habe den Eindruck, dass die subjektive Erinnerung der Ministerin trügt, oder sie „die Unwahrheit erklärt“.
Wolfgang Dudda ergänzte, es gebe zahlreiche Fragen von Mitarbeitern an die Spitze, auf die es in den Akten keine Antwort gebe. „Als hätte dort eine digitale Klagemauer existiert.“ Alheit hat bekanntlich vor der Aktenherausgabe Anzeige wegen Aktenmanipulation gestellt. Der Verdacht richtet sich gegen die Fachebene. Kubicki erklärte nun, man habe Hinweise aus dem Ministerium, dass Mitarbeiter Kopien ihrer Unterlagen aus dem Staabsbereich zurück erhielten, „die nicht mit den Originalen übereinstimmten“.
Das Parlament habe ein Anrecht auf die Originale, sagte Kubicki mit Blick in die Verfassung. In Kopien kann man nicht die Farbe der Tinte erkennen, mit dem ein Dokument gezeichnet ist. Die drei Fraktionen wollen den PUA erst nach der Sommerpause beantragen. Man müsse sich den Untersuchungsauftrag gut überlegen. Es gehe auch um die Frage pädagogischer Konzepte, die Grundrechtseingriffe bei Kindern beinhalten, so Kubicki. Man brauche eine Debatte, wie man mit jungen Menschen umgeht. „Die Erziehung des letzten Jahrhunderts gehört nicht dazu.“
Allerdings leitete bis 2012 Kubickis Parteikollege Heiner Garg das Sozialministerium. Auch damals schon gab es Friesenhof-Heime. Die Vorwürfe hätten sich erst 2012/13 massiv verstärkt, so der FDP-Mann. Man werde den Fall ab 2007 untersuchen. „Was unter Garg passierte, werden wir ebenso aufklären“. Kaija Kutter
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