LESERINNENBRIEFE :
Gesund- und Krankmachpolitik
■ betr.: „Brillen für Deutschland“, taz vom 28. 1. 13
Ohne persönliche Initiative geht in der verordneten Gesund- und Krankmachpolitik offenbar für die wirklich Bedürftigen nichts. Was Dr. Roth berichtet und Gabriele Goettle immer wieder mal eindrucksvoll vermittelt, ist ja eben kein Einzelfall, sondern im Gesetzgebungsprozess so gewollt und immer wieder umgesetzt worden. Welche Lobbyisten haben da den Abgeordneten und sogenannten Spezialisten die Hände geführt? Wem sind sie verantwortlich bis hin zum FDP-Minister Bahr, angeblich zuständig für Gesundheit? Und wie war das, Herr Lauterbach, Sie SPD-Stimme der ärztlichen Opposition? Sie wollen und sollen in den nächsten Bundestag wieder einziehen? Wem nützen Sie? ERNST-FRIEDRICH HARMSEN, Berlin
Spezialbrille für klare Sicht
■ betr.: „Brillen für Deutschland“, taz vom 28. 1. 13
Gebt dem Mann den Panter Preis, oder schafft speziell für ihn eine Panter Preis Special Edition. Es gibt nur eine Partei in Deutschland, die das Armutsthema wirklich anfasst. Aber die jahrzehntelang geschürte Angst vor dem Kommunismus macht blind. Ich wünsche jedem Bürger eine Spezialbrille für klare Sicht auf die Parteien und ihre Protagonisten. GABRIELE AUTH, Essen
Berufsverbot für Journalistinnen
■ betr.: „Die ganz alltägliche Anmache“, taz vom 25. 1. 13
Hätte ich gewusst, was Herr Edathy von der SPD zu dem Vorfall sagt, hätte ich ihm gern direkt widersprochen: Herr Edathy unterschlägt, wie viele Nachtschichten zum journalistischen Alltag gehören, etwa wegen Marathonkoalitionsverhandlungen! Sollen Journalistinnen seiner Meinung nach nach 20 Uhr nicht mehr Interviews führen? Und wenn, dann nicht an Bars? Das käme einem Berufsverbot gleich … ANNETTE BRUHNS
Tief sitzende Vorurteile aufgeben
■ betr.: „Herrenwitz entfacht Twitter-Sturm“, taz vom 26. 1. 13
Die Diskussion um Sexismus, Feminismus und Geschlecht bleibt leider viel zu sehr an der Oberfläche. Es gilt, endlich auch im Alltag die kulturelle Konstruktion von Geschlecht genauer in Augenschein zu nehmen, wie es an den Universitäten schon lange geschieht.
Ein wesentliches Problem scheint mir, dass Frauen und Männer jenseits aller ehrlichen Bekenntnisse zur Gleichberechtigung immer noch die Annahme von einer Ungleichwertigkeit von Mann und Frau verinnerlicht haben. Das zeigt sich besonders daran, dass viele Männer sogenannten Weiberkram, sprich Tätigkeiten, die als vorwiegend weiblich konnotiert gelten, als unter ihrer Würde empfinden. Wie sagte ein Bekannter jüngst zu mir: „Für Nordic Walking könnte ich mich ja begeistern, wenn es nicht ein Sport wäre, den überwiegend Hausfrauen ausüben.“ Solche Beispiele gibt es viele. Die Auseinandersetzung mit Geschlechterungleichheit muss tief gehen. Und sie muss von einem ehrlichen Bemühen gekennzeichnet sein, tief sitzende Vorurteile aufzugeben. Nur dann bringt sie uns weiter. ANTONIA SCHLÜTER, Wenden
Und was bleibt?
■ betr.: „Die hässliche Wahrheit“, taz.de vom 24. 1. 13
Das Verhalten von Rainer Brüderle gegenüber der Stern-Journalistin ist nicht tolerierbar und klar unter der Gürtellinie. Dies ein Jahr später nach seiner Wahl zum Hoffnungsträger der FDP (ich lach mich tot!) an die Öffentlichkeit zu bringen, ist allerdings nicht minder schäbig. Und was bleibt? Unterm Strich bleibt die schwarze Null. Und genau darin liegt der Schaden, den die Journalistin anrichtet: Sie liefert den Chauvinisten ein Gegenargument, das man jederzeit auf den Stammtisch werfen kann, wenn es um Sexismus in der Gesellschaft geht. Schöner Scheiß, lieber Stern. MICHAEL ROLF, Nürnberg
Es geht um Alltagssexismus
■ betr.: „Herrenwitz entfacht Twitter-Sturm“, taz vom 26. 1. 13
Es geht um das, was viel zu oft als „Kleinigkeiten“, „Einzelfälle“ oder „Spaß“ abgetan wird – um die systematische und oft nicht bewusste Diskriminierung von Frauen, um Alltagssexismus. Rainer Brüderle ist nicht der Einzige, der sich falsch verhalten hat, er war nur der Auslöser einer viel zu lange aufgeschobenen Welle der Empörung. Es reicht der komische Typ an der Haltestelle, der Kussgeräusche macht, wenn eine Frau vorbeigeht. Oder jemand, der einen Mann als „Mädchen“ bezeichnet, wenn er sich nicht stereotyp männlich verhält. Es geht hier darum, dass dieses Verhalten verletzt und gefährlich ist, dass jede Äußerung dagegen gleich als Angriff auf das gesamte Geschlecht aufgenommen wird, um dann wieder die „Du bist doch nur humorlos“-Keule herauszuholen, um diejenigen zum Schweigen zu bringen, die wütend sind.
Sexuelle Belästigung ist in Deutschland keine Straftat, nur am Arbeitsplatz kann eine Beschwerde eingereicht werden, was aber oft aus Angst vor einer Kündigung nicht getan wird. Auch darüber muss diskutiert werden, weil sexuelle Belästigung den Alltag für viele Frauen zum Spießrutenlauf werden lässt. Es geht nicht darum, dass alle Männer sexistische Arschlöcher sind, es geht hier darum, dass das eigene Verhalten reflektiert werden muss, um diesen Eindruck zu ändern. JANNTJE WORRESCHK, Bremen